Leichtathletik Die Zeit läuft gegen das Meeting

Ratingen · Frage-und-Antwort: Das 24. Mehrkampf-Meeting des TV Ratingen soll eigentlich am 20./21. Juni im Stadion stattfinden, doch die Coronavirus-Pandemie bedroht die Einhaltung dieses Termins. Die drängendste Frage derzeit ist: verschieben oder absagen? Es gibt viele Variablen und Szenarien zu bedenken.

 Mehrkampf-Meeting im Ratinger Stadion ohne Fans? Das Szenario erscheint unwahrscheinlich, wird aber diskutiert.

Mehrkampf-Meeting im Ratinger Stadion ohne Fans? Das Szenario erscheint unwahrscheinlich, wird aber diskutiert.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat aufgrund der Coronavirus-Pandemie zuletzt seine Deutschen Meisterschaften (DM) in Braunschweig verschoben – von Anfang Juni auf einen noch zu findenden Termin, möglichst in der zweiten Sommerhälfte 2020. Das wirft die Frage auf: Was passiert mit der 24. Auflage des Mehrkampf-Meetings, die am 20./21. Juni im Ratinger Stadion steigen soll und bei der sich Zehnkämpfer und Siebenkämpferinnen das Ticket für die Olympischen Spiele in Tokio sichern könnten – die allerdings auch bereits verlegt wurden: um ein Jahr auf Ende Juli 2021.

Wie ist die Ausgangslage? Die DM in Braunschweig sollten drei Wochen vor dem Meeting in Ratingen stattfinden, nun wurden sie verschoben. Das könnte ein Indikator für das Meeting sein. Immerhin ist es schwer vorstellbar, dass sich binnen dieser drei Wochen die Coronavirus-Pandemie erledigt haben könnte. Eine Entscheidug dazu gibt es aber noch nicht, der DLV als Verband, die Deutsche Leichtathletik-Marketing (DLM) GmbH als Veranstalter und der TV Ratingen als Ausrichter sind dazu regelmäßig im Austausch.

Was wird diskutiert? Zum Einen die Frage, ob das Meeting auch ohne Zuschauer stattfinden könnte analog zu den „Geisterspielen“ der Fußball-Bundesliga vor der Unterbrechung. Das Leichtathletik-Fest im Ratinger Stadion lebt aber seit jeher von der einzigartigen Atmosphäre, dass die Zuschauer sehr nah an die Athleten herankommen. Ob das Meeting ohne sie überhaupt Sinn macht, muss diskutiert werden. Auch das Szenario, auf internationale Stars zu verzichten, um so die Zahl der Flugbewegungen zu reduzieren, die eine Pandemie begünstigen können, steht im Raum. Am drängendsten ist aber die Frage: verschieben oder dieses Jahr absagen? In beiden Fällen müssen die Leichtathletik-Kalender weltweit berücksichtigt werden, was angesichts von mehreren bereits verschobenen und möglicherweise noch zu verschiebenden Großveranstaltungen natürlich nicht einfacher wird.

Wie wahrscheinlich ist die Einhaltung des aktuellen Termins? Leider sehr unwahrscheinlich. Es ist schwer vorstellbar, dass die Pandemie bis Ende Juni besiegt ist – die ganze Sportwelt steht still, aber in Ratingen gibt es eine Leichtathletik-Insel? Unwahrscheinlich. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Groß-Events, die das Meeting einrahmen sollten – Deutsche Meisterschaften Anfang Juni und Olympia Ende Juli/Anfang August – bereits verlegt wurden.

Was spricht für eine Verschiebung? Die Hoffnung, dass die Pandemie im Laufe des Jahres so weit eingedämmt wird, dass das Meeting wie geplant – mit Athleten und Zuschauern, nur zu einem späteren Zeitpunkt in 2020 – stattfinden kann.

Was spricht gegen eine Verschiebung? Die Ungewissheit. Derzeit kann niemand seriös sagen, ob Sportveranstaltungen in einer Größe wie der des Meetings, das an einem Wochenende mehrere Tausend Zuschauer live ins Ratinger Stadion zieht, in diesem Jahr überhaupt noch stattfinden können.


Was spricht für eine Absage in diesem Jahr? Beim 24. Meeting sollte es in diesem Jahr auch um die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio gehen – die sind nun auf 2021 verlegt, theoretisch könnte man sich also auch im nächsten Jahr noch dafür qualifizieren. Da das Meeting in Ratingen ohnehin eine jährlich wiederkehrende Veranstaltung Ende Juni ist, könnte die 24. Auflage demnach einfach 2021 stattfinden, die Athleten könnten sich dann in Ratingen für Tokio qualifizieren. Zwischen Meeting und Olympia lägen so zwar nur rund vier Wochen, das wäre in diesem Jahr aber nicht anders gewesen.

Was für Folgen hätte eine Absage? Seit 23 Jahren ist das Meeting ein großer Werbe- und Image-Faktor für Ratingen: Mit Live-Übertragungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wurden die Dumeklemmerstadt und der TV Ratingen deutschlandweit mit Top-Leichtathletik in Verbindung gebracht. Das würde in diesem Jahr wegfallen. Finanziell wäre ein Ausfall für den TV Ratingen kein Problem, als Ausrichter trägt er weder das finanzielle Risiko noch hat er Anteile an einem wirtschaftlichen Gewinn. Schwieriger könnte das für die DLM ein, die der wirtschaftliche Part ist: Bei einer Absage könnten ihr trotz der weltweiten Ausnahmesituation Regressforderungen von Vertragspartnern drohen.

Ist ein Verschieben dann nicht besser als eine Absage in diesem Jahr? Vor dem Hintergrund möglicher Regressforderungen ja, allerdings bleibt es dabei, dass es keine Planungssicherheit geben kann, bis die Pandemie eingedämmt ist – und das kann eben dauern. Eine Verschiebung auf 2021 wäre faktisch eine Absage in diesem Jahr. Außerdem ist der Zeitrahmen, in dem das Meeting stattfinden kann, vorgegeben: Durch die Jahreszeiten ist dieses Fenster auf wenige Monate im Jahr begrenzt, ein Meeting im Winter unmöglich.

Fazit Da nicht absehbar ist, wie lange die Welt mit der Coronavirus-Pandemie zu kämpfen hat, wird man sich in Ratingen an den unschönen Gedanken gewöhnen müssen, dass es in diesem Jahr kein Mehrkampf-Meeting geben wird. Eine Entscheidung soll in den nächsten Tagen kommuniziert werden, aber selbst wenn sie „Verschiebung bis auf Weiteres“ lauten sollte, ist damit leider nicht gesagt, dass es in diesem Jahr noch etwas werden kann mit der 24. Auflage. Dazu ist die Pandemie zu unberechenbar.

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