Serie Fußballfans in Ratingen Eine der längsten Borussen-Freundschaften

Ratingen · Ratingen ist eine fußballbegeisterte Stadt – mit breit gefächerten Sympathien. In unserer Serie berichten Anhänger unterschiedlicher Vereine über die Liebe zu ihrem Klub, ihre schönsten Fan-Erlebnisse, -Rituale und -Träume. Heute: Sidney Rahmel und Björn Druskus über Borussia Mönchengladbach.

 Seit fast 30 Jahren auch über Borussia Mönchengladbach miteinander verbunden: Die Ratinger Sidney Rahmel (rechts) und Björn Druskus.

Seit fast 30 Jahren auch über Borussia Mönchengladbach miteinander verbunden: Die Ratinger Sidney Rahmel (rechts) und Björn Druskus.

Foto: Achim Blazy (abz)

Wer Sidney Rahmel und Björn Druskus zusammen sieht, erkennt sofort eine buchstäblich lange Fan-Verbindung: Zum einen bringen die beiden es zusammen auf knapp vier Höhen-Meter, zum anderen teilen sie seit fast 30 Jahren ihre gemeinsame Fußball-Begeisterung. In Verbindung mit ihrem bevorzugten Kleidungsstil, mit den Farben Schwarz-Weiß-Grün und Vereinswappen, waren sie lange Zeit Ratingens auffälligste Botschafter ihres Lieblingsklubs Borussia Mönchengladbach. Nach 13 Jahren räumlicher Trennung wohnen sie seit vergangenem Jahr wieder beide in ihrer Heimatstadt – und frönen ihrer sportlichen Leidenschaft wieder verstärkt zusammen.

Ihre gemeinsame Initialzündung hatten die beiden in einer Sporthalle im heimischen Ratinger Osten: 1991 lernten sie sich beim Tischtennis des Turnerbund Ratingen kennen und stellten fest: Ihr Fan-Herz gehört einer anderen Ballsportart. Und: „Wir sind beide Borussen!“ Rahmels Leidenschaft war vor allem durch die Gladbacher Europacup-Auftritte Mitte der Achtziger-Jahre gewachsen, Druskus wiederum war väterlicherseits vorgeprägt worden.

Papa Paul war es auch, der die beiden kurz nach ihrer „Borussen-Begegnung“ an der Tischtennisplatte zum ersten gemeinsamen Stadionbesuch auf den altehrwürdigen Bökelberg brachte. Von da an ging es häufiger und bald regelmäßig nach Mönchengladbach. Hier, wie in ihrer Heimatstadt, erregten die beiden Ratinger rasch Aufsehen durch ihre ausgeprägte Stimmung und Sangesfreude, aber auch mit ihren kreativen Fan-Outfits. Mal bestückte Rahmel seine Trikots mit eigenen Slogans, mal ließ sich Druskus die Borussia-Raute ins Nackenhaar rasieren. Ihre bildgewaltigen Auftritte brachten ihnen ein ums andere Mal auch überregionale Medienpräsenz, wie etwa mit ihrem Plakat bei der Live-Übertragung des DFB-Pokalfinales 1995.

Mit einem lieb gewonnenen Ritual bildeten sie den Grundstock für ihren heutigen Fanclub „Olympia-Borussen“ – und dessen Namensgebung: „Vor den Heimspielen auf dem Bökelberg haben wir uns immer auf’n Gyros am Olympia-Grill getroffen“, verrät Rahmel, „und von da aus ging‘s gemeinsam zu Fuß zum Stadion.“

Aber auch auswärts bereisten die beiden mit ihrer Borussia so ziemlich alles zwischen Verl und Marseille, Zürich und Manchester. Und ihre persönlichen Erlebnisse spiegeln die sportliche Achterbahnfahrt der Gladbacher der letzten Jahre wider. Pokalsieg und Pokal-Blamagen, Abstieg, Wiederaufstieg, Relegations-Drama und Champions League. Druskus ist besonders die „krasse Tour“ nach Rotterdam zum Viertelfinale des Pokalsieger-Cups im Gedächtnis geblieben, während Rahmel sich gerne an den Besuch des Champions-League-Spiels in Glasgow erinnert – und speziell an die dortige „grandiose Stimmung“.

 Sidney Rahmel (links) und Björn Druskus im Gladbacher Borussia-Park vor dem DFB-Pokal.

Sidney Rahmel (links) und Björn Druskus im Gladbacher Borussia-Park vor dem DFB-Pokal.

Foto: Sidney Rahmel

Einen ganz besonderen Sieg mit kuriosen Begleitumständen erlebten die beiden Schlachtenbummler im Herbst 1995 in München: Zunächst waren sie „wegen Wunderkerzen“ aus dem Olympia-Stadion geflogen, dann über den Zaun zurückgeklettert, in der Bayern-Kurve gelandet, dort mit Bierbechern beworfen und daraufhin vom Ordnungsdienst in die Gerade geleitet worden. Dort sahen sie den allerersten (!) Gladbacher Auswärtssieg beim FC Bayern und feierten nach dem Spiel zurück in der Kurve und mit der Mannschaft. Und erst am nächsten Tag ging es per Wochenend-Ticket mit der Bahn nach Hause.

Die gemeinsame Tour zu einem deutschen WM-Spiel 1998 scheiterte indes schon vor dem Start: Nach einer durchfeierten Geburtagsparty-Nacht wurde die geplante Fahrt ins benachbarte Frankreich schlicht verschlafen. Im Nachgang allerdings entpuppte sich das als gar nicht so schlecht, schließlich handelte es sich dabei um das von schweren Ausschreitungen überschattete Spiel in Lens.

Ihr gemeinsames Fan-Leben schweißte Rahmel und Druskus auch im Alltag zusammen. So lebten beide in den 2000ern mehrere Jahre lang in einer WG, die – wie kann es anders sein – schnell eine berüchtigte Anlaufstelle für Fußball-Partys und Rudel-Gucken wurde, etwa während der Heim-WM 2006. Und auch, als Druskus noch im selben Jahr nach Frankfurt zog, blieb die Freundschaft erhalten. Später wurde Rahmel sogar Druskus’ Trauzeuge.

Das, was sie über viele Jahre hinweg selber lebten, zeichnet in ihren Augen die Borussia-Fans insgesamt aus: „Die Treue und Reisefreudigkeit, und zwar unabhängig vom Erfolg, sind schon besonders ausgeprägt“, betont Rahmel, und fügt hinzu: „Gladbach-Fans gab’s immer schon viele – und überall.“ Ihre eigene gelebte Fan-Praxis ist heute freilich eine andere. Beide sind Familienväter. Rahmel sitzt zudem seit 13 Jahren bei Heimspielen als Reporter am Mikrofon des Fan-Radios.

Träume bezüglich ihres Herzensvereins haben freilich beide noch. „Einmal mit Borussia nach Lissabon oder nochmal auf die Insel und dort gerne in ein kleineres Stadion“, wünscht sich der 43-jährige Rahmel und schiebt augenzwinkernd nach: „Aber Liverpool wär‘ auch okay.“ Sein ein Jahr jüngerer Kumpel Druskus hat Borussia-bezüglich einen Lebenswunsch: „Einmal Meister werden. Danach wäre ich erlöst und selig.“ Nach den erfolgreichen jüngsten Zeiten hoffen beide erst einmal, „dass die tolle sportliche Entwicklung weitergeht“. Und es dann vielleicht nach 26 Jahren auch mal wieder mit einem Titel klappt.

Dafür fiebern Sidney Rahmel und Björn Druskus immer noch mit. Und auch, wenn ihre gemeinsamen Touren nicht mehr regelmäßig steigen, gilt: „Wenn wir zusammen unterwegs sind, dann wie in alten Zeiten!“ Und zwar in voller Länge…

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort