Lokalsport Barocke Dressur auf dem Lengelshof

Ratingen · Beim spanischen Reiten in Ratingen-Eggerscheidt zeigen Barockpferde ihre ganz eigene Art der Dressur. Irina Dombrowski auf Favorito hat am Ende die Nase vorn. Für die Richter ist die Veranstaltung eine Herausforderung.

 Iberisches Reiten auf dem Lengelshof in Ratingen-Eggerscheidt: Platz zwei für Raquel Cuadra auf Sesti.

Iberisches Reiten auf dem Lengelshof in Ratingen-Eggerscheidt: Platz zwei für Raquel Cuadra auf Sesti.

Foto: Achim Blazy

Bei der Siegerehrung ist Tinto do Vouga noch immer aufgeregt. Ungeduldig scharrt der imposante Lusitano-Schimmel mit den Hufen im Sand, und bei der Ehrenrunde galoppiert er pirouettenähnlich auf kleinem Kreis um seine eigene Achse. Seine Reiterin versucht, ihn zu beruhigen, erntet aber nur ein temperamentvolles Schnauben. Anja Ötting lächelt dennoch gelassen. Die Amazone im barocken Rock mit Brokateinsatz und goldglänzenden Knöpfen ist zufrieden mit der Leistung ihres Pferdes.

"In der Pflichtaufgabe war er ganz gut, doch in der M-Kür sind die Nerven mit ihm durchgegangen. Er wird gerne über-eifrig und dann hört er mir einfach nicht mehr zu." Doch gerade diese Leistungsbereitschaft schätzt Anja Ötting an ihrem Schimmel mit den brasilianischen Wurzeln besonders. "Er lässt sich immer für seine Aufgabe begeistern." Seit zwei Jahren sind die Beiden ein Paar und eine Kür wie die beim Barockturnier auf dem Lengelshof ist für Anja Ötting immer ein Höhepunkt. "Da möchte ich den Leuten etwas bieten."

Aus den Lautsprechern erklingt eine moderne Interpretation von Vivaldis Vier Jahreszeiten, als sie Tinto do Vouga mit leichten Hilfen durch das Viereck tanzen lässt. In einer kraftvollen Trabverstärkung setzt das Paar einen ersten Höhepunkt. Auf der Diagonalen verlängern sich die ansonsten kurzen schnellen Bewegungen des Schimmels zu größeren Tritten, die Anja Ötting im Sattel geschmeidig mitnehmen. Es folgen Volten und einige Linienwechsel, doch der Lusitano verfällt zunehmend in Hektik. Klappernd kaut er auf dem Kandarengebiss herum, galoppiert auf der Stelle und springt während der Traversalverschiebung auf der Diagonalen einen Wechsel. Anja Ötting pariert kurz zum Schritt durch, setzt neu an und bringt die Kür bis zum Gruß vor den Richtern zu Ende.

Daniela Rößing-Wilting geht es bei der Beurteilung der Paare um die korrekte Ausführung aller geforderten Lektionen wie Galoppwechsel, Traversalen. Trabverstärkungen und Schrittpirouetten. "Bei einer Kür muss aber auch das Gesamtbild stimmen. Die Musik muss zum Takt und zu den Bewegungen des Pferdes passen", sagt die Richterin. Barockpferde zu bewerten, ist für sie eine Herausforderung. "Es sind bildschöne Tiere. Sie haben aber einen ganz anderen Bewegungsablauf als normale Warmblüter. Ihr Schritt ist deutlich kürzer. Auf normalen Turnieren ist daher die Vergleichbarkeit schwierig."

Leichtfüßig tänzelt Favorito in das Prüfungsviereck. Der lackschwarze Hengst mit dem gewaltigen Hals scheint die Blicke, die seine Er-scheinung auf sich zieht, zu genießen. Sein goldenes Stirnband funkelt und die seine dunklen Augen glänzen aufmerksam. Der dicke Zopf, zu dem seine Mähne geflochten ist, wippt im Takt als er sich im starken Trab durch die Diagonale bewegt. Das anschließende Schulterherein wirkt spielerisch wie die Musik, die seine Kür untermalt. Sie schwillt zu pompösen Klängen an, als der Rappe in den Galopp wechselt. Erhaben bewegt er sich im Dreitakt durch die Bahn und lässt sich an leichten Hilfen führen. Mit einer beeindruckenden Galoppverstärkung folgt als furioses Finale der starke Trab schnurgerade auf die Richter zu — Halten, Grüßen. Irina Dombrowski sitzt im Sattel und strahlt, während Applaus ihren Auftritt belohnt.

Es hat angefangen zu regnen, als Raquel Cuadra und Sestil zur Grußaufstellung vor den Richtern halten. Zu einem Mix aus spanischen und klassischen Klängen bewegt sich der kompakte Schimmel leichtfüßig durch das Viereck. Mühelos kreuzt er in den Traversalen Vorder- und Hinterbeine, in der Schrittpassage schnaubt er gelassen und schreitet ruhig dahin. Das Pferd wirkt ebenso konzentriert wie seine Reiterin. "Es ist unser erstes Turnier in Deutschland. Er hat das sehr gut gemacht", berichtet die Amazone. In der Siegerehrung reiht sie sich hinter der Siegerin Irina Dombrowski mit Favorito und vor Anja Ötting mit Tinto do Vouga ein, der ungeduldig mit dem Vorderhuf im Sand scharrt.

(domi)
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