Ex-Profi bei Ratingen 04/19 „Ich war mehr tot als lebendig“

Special | Ratingen · Als Fußballprofi spielte Andreas Voss bei Bayer 04 Leverkusen, dem MSV Duisburg und dem VfL Wolfsburg, seinen größten Kampf gewann er aber danach. Als neuer Trainer der U15-Regionalliga-Mannschaft von Ratingen 04/19 will er nun seine Erfahrungen vermitteln.

Ex-Profi Andreas Voss will in Ratingen seine Erfahrungen an die U15-Regionalliga-Fußballer von 04/19 weitergeben.

Foto: Achim Blazy (abz)

Als Andreas Voss den Anruf von José Concellon erhielt, musste er nicht mehr lange überlegen. Für den Ex-Profi war direkt klar, dass er das Angebot des Jugendleiters annehmen und neuer Trainer der Fußball-U15-Junioren von Ratingen 04/19 werden würde. „Ratingen hat sich von Anfang an sehr um mich bemüht“, betont Voss. „Ich wurde direkt hellhörig, weil der Verein eine attraktive Adresse ist. In den letzten Jahren wurde sehr gute Arbeit in der Jugendabteilung geleistet, was sich nicht zuletzt in der U15-Mannschaft ausdrückte. Dass sie mittlerweile in der Regionalliga West spielt, ist schon eine echte Hausnummer.“

Der in Stolberg geborene Fußballer wurde in seiner eigenen Jugend sowohl beim 1. FC Köln als auch bei Bayer 04 Leverkusen ausgebildet. Damals galt er als eines der größten Talente des deutschen Fußballs, weil er durch eine hohe Spielintelligenz und starke Technik zu überzeugen wusste. Auf seinen späteren Profi-Stationen Leverkusen, MSV Duisburg und VfL Wolfsburg hatte er jedoch einige Probleme – weil ihn immer wieder schwerwiegende Verletzungen zurückwarfen. „Es war für mich persönlich eine sehr intensive und lehrreiche Zeit in der 1. und 2. Bundesliga“, erklärt Voss, der immer um den großen Durchbruch kämpfte.

Allerdings musste er zweimal an der Schulter operiert werden. Sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite hatte er immer wieder Schmerzen. Hinzu kamen mehrere Sehnenabrisse, Rückenprobleme und ein Knorpelschaden im Knie. Deshalb blieb es letztlich bei „nur“ 13 Bundesliga- und 96 Zweitligaspielen. Auf seine elf Tore für den MSV ist Voss bis heute stolz. „Ich habe wahnsinnig wertvolle Erfahrungen gesammelt“, bilanziert der ehemalige Profi. „Hinzu darf man nicht vergessen, dass ich als deutscher Junioren-Nationalspieler bei zwei Europa- und zwei Weltmeisterschaften mitgespielt habe. Einmal wurden wir sogar Vize-Weltmeister, was einen tollen Erfolg darstellte.“

Dass er irgendwann einmal gerne Trainer werden würde, wurde ihm schon als junger Spieler deutlich. Ihm machte es schon immer Freude, über alle Facetten des Spiels nachzudenken. „Ich durfte schon als Juniorenspieler tolle Trainer kennenlernen wie Uli Stielike, Hannes Löhr oder Rainer Bonhof. Als Profi wurde es dann ebenfalls nie langweilig, sondern ich wurde stark gefordert und gefördert. Da erinnere ich mich nur beispielsweise an akribische Trainer wie Norbert Meier, Pierre Littbarski oder Wolfgang Wolf. Für mich war klar, dass ich die vielen tollen Erfahrungen, die ich auch den Top-Trainern zu verdanken habe, selber an die nächsten Generationen weitergeben wollte.“

Im April 2008, als er erst 29 Jahre jung war, gab Voss bekannt, dass er seine aktive Karriere als Profifußballer mit sofortiger Wirkung beendet. Wegen seiner anhaltenden Knieverletzung beantragte er eine Sportinvalidität und begann eine zwei Jahre andauernde Trainerausbildung beim MSV. Er machte seine Trainer-A-Lizenz und war in den Jahren 2008 bis 2010 Co-Trainer der Duisburger U23-Auswahl. „Mir haben die ersten Jahre im Trainerjob bereits so viel Spaß gemacht, dass ich wusste, dass ich in diesem Bereich bleiben wollte. Zum Glück haben sich danach immer wieder neue Möglichkeiten ergeben“, betont Voss, der heute zudem im Kundendienst eines großen südkoreanischen Technologiekonzerns tätig ist.

In der Saison 2013/14 war Voss gemeinsam mit Erdem Onat als Trainer des Landesligisten GSV Moers aktiv, bevor er eine Zwangspause einlegen musste. „Ich habe eine schwere Krankheit erlitten“, erklärt der 45-Jährige. „Eigentlich war ich ein kerngesunder Mann und habe mich im Krankenhaus nur einem Routine-Eingriff unterzogen. Bei der Operation sind leider schädliche Bakterien in meinen Körper gelangt. Dadurch habe ich eine Sepsis infolge der bakteriellen Infektion mit multiplem Organversagen erlitten. Ich lag mehrere Monate lang im Koma und war mehr tot als lebendig. Nach rund eineinhalb Jahren wurde ich wieder gesund.“

Der Familienvater eines Sohnes (14) und einer Tochter (11) kämpfte sich zurück ins Leben. Im Jahr 2019 gründete er den Verein FC Nieder­rheinsoccer, bei dem er eine Saison lang eine U17-Auswahl trainierte. Nachdem Voss zwei Jahre lang das U15-Team von Bayer Uerdingen gecoacht hatte, betreute er in der vergangenen Rückserie sowohl die U15- als auch die U17-Mannschaft des KFC Uerdingen. Nun nahm er das Abenteuer in Ratingen an: „Ich will erkennen, welche persönlichen Ziele die Jungs haben und sie dabei so gut wie möglich unterstützen. Bei 04/19 können wir einiges erreichen, wenn wir hart arbeiten.“