Ratingen Sie ist die Profi-Stimme des Tragödchens

Ratingen · Susanne Cano gehört zum Kleinkunst-Ensemble des Buchcafés Peter und Paula. Sie ist diplomierte Sprecherin.

"Wir können alles. Außer Hochdeutsch" - an dem Spruch kann man einfach nicht vorbei schreiben, wenn es um eine Diplom-Sprecherin geht, die in Stuttgart geboren und aufgewachsen ist. Sie wiederum - Susanne Cano - kann vielleicht nicht alles. Aber auf jeden Fall Hochdeutsch. Aber nicht etwa so, dass man ihr gegenüber sitzt und plötzlich, vom überragenden Beispiel bedrängt, mit Messer und Gabel spricht; denn sie ist eins mit ihrer Stimme und sagt: "Das kann jeder sein."

Als Tochter eher wenig musischer Eltern geboren, war ihr dennoch viel Freiheit zum beruflichen Ausprobieren ermöglicht: Susanne ging als 16-Jährige für ein halbes Jahr nach England. Das war 1990 und sicher auch noch eine flotte Zeit. Es zog sie nach dem Abitur zu Gesangstudien nach Italien, ebenfalls für ein halbes Jahr. Irgendwie war das dann alles zu klassisch. Wo sie schon einmal bei der Kunst war, konnte es dann auch noch die Schauspielerei sein. Sie tat sich folglich, glückhaft gefügt, in kleinen Theatern um. Das war's dann aber doch nicht. Immerhin wusste sie inzwischen, was sie nicht machen wollte.

"Ich habe hier gefragt und da, und irgendwann bin ich sogar zur Berufsberatung gegangen", erzählt sie nun. Und dann stieß sie auf eine für sie perfekte Berufsausbildung, nämlich die zur Sprecherin mit Diplom. Nun muss man sich das Studium nicht so vorstellen, dass eine Studentin permanent unter Aufsicht und mit Korrektur redet - es wird ein vielfältiges Angebot gemacht, das die Staatliche Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart wie folgt umschreibt: "Unter dem Dach des Instituts für Sprecherziehung und Kommunikationspädagogik verbinden sich verschiedene Aspekte der Mündlichkeit in Studienangeboten zur Kunst und Pädagogik des Sprechens.

Allen Studiengängen des Instituts für Sprecherziehung und Kommunikationspädagogik liegt der künstlerische Umgang mit dem gesprochenen Wort zugrunde." Welch schöne Begriffe: Mündlichkeit und künstlerischer Umgang mit dem Wort. Und welch gutes Ergebnis, wenn Susanne Cano den Mund aufmacht und mit dunkler Stimme spricht. Sie war nun vorbereitet, als Sprecherin auf der Bühne oder am Mikrofon zu wirken oder als Sprecherzieherin oder Kommunikationstrainerin tätig zu sein. Und sie hatte während des Studiums unter anderem eine Menge in den Bereichen Mediensprechen, Rhetorik, Germanistik, Stimmphysiologie und Anatomie, Phonetik, Theaterpädagogik, Körperbildung, Rhythmik und Gesang gelernt, konnte es schon bald bei der Erteilung von Sprechunterricht und in Firmen bei der Schulung sprachinteressierter Manager anwenden und sich damit gut über Wasser halten.

Letztlich setzte sie noch eine Ausbildung in Psychotonik drauf, einer Lehre, die die gegenseitige Abhängigkeit von Befinden, Verhalten und Körperausdruck erforscht.

Natürlich nimmt sie schlampige Artikulation war, graut es ihr vor hochfrequenten, quietschigen Stimmen mancher Frauen, die vielleicht ewig Kind bleiben wollen, fallen ihr Redner auf, die wirklich etwas mitzuteilen haben, aber mit simplem Vortrag und stimmruinierenden Sprechtechniken am Werk sind. Sie könnte helfen. Sie tut es auch.

Wenn sie auch gelegentlich bei Darbietungen im Ratinger Tragödchen als Schauspielerin angekündigt wird, so weist sie dieses Etikett konsequent zurück. "Ich habe zwar schon einmal den Sommernachtstraum in einer Kirche vorgetragen, aber ich habe ihn nicht gespielt." In der Ratinger Friedenskirche und sonstwo sprach sie verbindende Texte im Projekt "Luna". Sie hat, was man auch bei Sprechkünstlerinnen erwähnen sollte, zwei Töchter und einen Sohn geboren und wuppt mit hilfsbereitem Ehemann Familienleben, Auftritte, Lehraufträge. Sie möchte demnächst wieder ein literarisches Soloprogramm - auch für private Feiern - zusammenstellen. Tief innen ruht nämlich doch eine gezähmte Diva.

(gaha)
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