Natur Vogelfreund: „Katzen sollen zu Hause bleiben"

Werner Drescher, 75 Jahre alt, ein enthusiastischer Vögelzüchter und -liebhaber. Nun schlägt er Alarm: Die Population der Singvögel sinkt. Bis zu 200 Millionen Vögel jedes Jahr sollen in Deutschland Katzen zum Opfer fallen, schätzen Vogelschutzexperten.

 Werner Drescher aus Ratingen Hösel klagt über Katzen, die Singvögel jagen.

Werner Drescher aus Ratingen Hösel klagt über Katzen, die Singvögel jagen.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Dass die Natur bisweilen brutal sein kann und dass dort das Gesetz des Stärkeren gilt, wusste schon der alte Charles Darwin. Jetzt schlägt, zur Hauptbrutzeit von Singvögeln, ein besorgte Vogelzüchter aus Hösel Alarm. Werner Drescher, 75 Jahre alt, ein enthusiastischer Vögelzüchter und -liebhaber, klagt darüber, dass „die Population der europäischen Singvögel stark reduziert ist .“

Und gar weiter abnehmen wird, wenn nicht gegengesteuert werde. Drescher kennt auch die Schuldigen für diesen „besorgniserregenden Zustand. „Zum Beispiel durch Krankheiten werden die Vögel in der Brut- und Setzzeit am Brüten gestört und behindert.“

Aber noch viel schlimmer für Nachtigall, sämtliche Spötterarten, Lerche und andere Vögel seien Hauskatzen – ein altes Problem. Bis zu 200 Millionen Vögel jedes Jahr sollen in Deutschland Katzen zum Opfer fallen, schätzen Vogelschutzexperten.

„Die Hauskatzen machen das ja nicht extra, sondern das ist ihr natürlicher Trieb“, sagt Drescher, der schon einige Jungvögel bei ihren ersten Flugversuchen nach dem Verlassen ihres Nistkastens vor den Katzen gerettet hat. Katzen wüssten zudem ganz genau, da sie ihre Reviere aus dem Effeff kennen würden, wo jedes einzelne Singvogelpaar brütet. Somit haben sie leichte Beute“, sagt der Vogelliebhaber.

Eine wissenschaftliche Untersuchung aus Amerika hat kürzlich den Jagd-Charakter der Vierbeiner nochmals deutlich untermauert. Die Forscher haben herausgefunden, dass eine (Haus-)katze im Durchschnitt auf einem Hektar jährlich 26 Beutetiere tötet.

Das sei, gemessen an anderen sogenannten Beutegreifern, überproportional hoch, erklären die Wissenschaftler. Deshalb fordert Werner Drescher eine klare Linie für die Katzenhaltung in der Schonzeit von Anfang April bis Mitte Juli: „In dieser Zeit gehören Hauskatzen entweder an die Leine oder in die Stube.“

Drescher ist aber sehr wichtig zu betonen, dass er kein „Katzenhasser“ sei. Er möchte die Katzenbesitzer sensibilisieren, „sonst gehen unsere schönen europäischen Singvögel für immer verloren“, sagt Drescher.

Aber kann man Katzen, die gewöhnlich nach draußen gehen, einfach so in der warmen Zeit zu Hause lassen? Für viele Katzenbesitzer ein Unding. Manche Katzenbesitzer sprechen gar von Eingesperrtsein und sogar Tierquälerei, die Schäden für die Katzen seien unberechenbar.

Zugleich greift der gebürtige Essener auch den Naturschutzbund, kurz Nabu genannt, an. „Der Nabu sieht tatenlos zu und motiviert nur die Vogelfreunde, überall Nistmöglichkeiten für unsere Singvögel zu schaffen. Es ist einfach nur erbärmlich.“

Tatsächlich ist sich der Nabu dieser Problematik bewusst, hat dazu bereits viel geschrieben. „Dieser Vorwurf ist völlig unberechtigt und verkennt die Naturschutzarbeit des Nabu insbesondere auch für die Singvögel. Die Gründe für den Rückgang der Insekten und damit auch der Singvögel werden von uns seit Jahren thematisiert und in Kampagnen (Freiflächenschutz, Agrarkampagne, aktiver Vogelschutz) auf allen Ebenen bis zu den örtlichen Gruppen bearbeitet“, sagt Wolfgang Sternberg, Vorsitzender des Nabu im Kreis. Die Gefährdung der Singvögel durch Hauskatzen sehe er genauso wie Drescher. „Außer Appellen an die Tierhalter gibt es keine Eingriffsmöglichkeiten für uns“, erklärt Sternberg.

Allerdings verkenne die von Drescher beklagte Aufforderung des Nabu, Nistmöglichkeiten zu schaffen, eine der wichtigen Gründe für den Rückgang der Singvögel, nämlich der Mangel an sicheren Nistmöglichkeiten und einer nachhaltigen Nahrungsgrundlage. „Deshalb bittet der Nabu die Bevölkerung in ihren Gärten sichere Nistmöglichkeiten zu schaffen und durch einen naturnahen Garten für eine dauerhafte Nahrungsgrundlage unserer Singvögel zu sorgen. Auf der Nabu-Homepage heißt es ferner, dass in Siedlungsbereichen die Zahl der Katzen besonders groß sei. „Da es dort, vor allem in den Gärten, meist auch eine hohe Singvogeldichte gibt, ist für diese Beutegreifer der Tisch immer reich gedeckt.“ Ihre Jagd auf Amseln, Finken, Rotkehlchen, Meisen und andere Gartenvögel führe daher regelmäßig zu Verstimmungen zwischen Katzenhaltern und Vogelfreunden wie beispielsweise Werner Drescher.

Der Nabu-Vogelschutzexperte, Lars Lachmann, lässt sich wie folgt zitieren: „Wenn Katzenbesitzer konsequent dafür sorgen würden, dass sich ihre Katze von Mitte Mai bis Mitte Juli in den Morgenstunden nicht im Freien aufhält, wäre den Vögeln schon sehr geholfen.“

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