Konzert Sonne, Mond und Sterne: Kantate mit O-Ton-Chor
(RP) Für ein ganz besonderes Projekt hieß es jetzt im Stadttheater: Klappe, die zweite. Der Ratinger Chor „O-Ton“, der sich mittwochs zum Proben in der Friedenskirche in Ost trifft, führte im gut gefüllten Theater die Szenische Kantate „Sonne, Mond und Sterne“ von Peter Schindler auf – und das tatsächlich zum zweiten Mal.
Ein kleines Wagnis, doch war das Theater bei der ersten Aufführung im Februar ausverkauft gewesen, viele Kartenwünsche blieben damals unberücksichtigt.
Also öffnete sich wieder der schwere Samtvorhang, und die Geschichte um Leben, Lieben und Sterben nahm ihren Lauf. Auch die zweite Aufführung ergriff die vielen Besucherinnen und Besucher, die sich schnell von der Musik, den Texten und nicht zuletzt der Begeisterung der Mitwirkenden mitreißen ließen. Die waren alle mit Leib und Seele dabei: Die Musizierenden der Musikschulen Ratingen und Duisburg, die acht- bis 60-jährigen Akteure, die 70 Sängerinnen und Sänger sowieso. Peter Schindler, Komponist aus Berlin, hat viel Herzblut in seine Kantate gesteckt, wie er dem O-Ton-Chor bei einem Probenwochenende schon vor der ersten Aufführung eindringlich vermittelte. Wie unterhaltsam das Ergebnis ist, davon konnten sich die Zuhörer überzeugen.
Die Kantate „Sonne, Mond und Sterne“ mit ihren Stimmungswechseln, den vielfältigen Stilmitteln und vielen eingängigen Melodien von schmelzend-schön bis rhythmisch-rasant packte ihr Publikum. Man lauschte, man amüsierte sich, man trauerte, man schmolz auch mal dahin und hörte vom ersten bis zum letzten Ton genau hin. Denn Schindler hat traditionelle Texte und Gedichte aus fünf Jahrhunderten vertont, so dass jeder Zuhörer bekannte Zeilen entdecken konnte; ob Texte aus des Knaben Wunderhorn, Zeilen aus Eduard Mörikes „Um Mitternacht“, Heinrich Heines „Wo wird einst des Wandermüden …“ oder Joseph von Eichendorffs „Mondnacht“.
Zuhören war das Eine, Zuschauen das Andere. Schindler hat die vertonten Texte zu einem Kaleidoskop des Lebens zusammengesetzt. Diese Teilchen, bunt wie das Leben, erzählen von Leidenschaft, Sehnsucht, Feiern, Liebe, Eifersucht und schließlich auch dem Tod. Sie alle waren in einfühlsamen szenischen Bildern auf der Bühne mitzuerleben. Da spielten Kinder Ball, da feierten Jugendliche ihren ersten Rausch, da meisterten Erwachsene Liebesleid und Liebesfreud, da starb schließlich das greise Paar.
Die Mitwirkenden: Sie alle stammen aus Ratingen und wurden von Chorleiterin Cathrin Schuster-Sixt, die im Stadtteil bestens vernetzt ist, zum Mitmachen motiviert. Auch dies ist ein Aspekt dieses ganz besonderen Projekts, dessen Umsetzung dem großen Engagement der Chorleiterin zu verdanken ist, und das ein wunderbares Beispiel für generationenübergreifende Kulturarbeit darstellt.
Der Chor sang kraftvoll, mit großer Sicherheit, überzeugt und überzeugend. Es forderte hohe Konzentration, die vom Komponisten intendierten vielschichtigen Gefühle umzusetzen. Als schönes Beispiel seien Bass und Tenor erwähnt, gestandene Mannsbilder also, die sehr gefühlvoll ein zartes Liebesgedicht Oswald von Wolkensteins in der Art gregorianischen Gesangs darboten. Der 600 Jahre alte Text wurde ins Hier und Jetzt geholt und als zeitgemäßer Annäherungsversuch eines verliebten Teenagers an seine Auserwählte als WhatsApp-Verlauf auf die Leinwand projiziert.
So konnte wirklich jeder Zuhörer nachvollziehen, wie reizend und zeitlos dieser Text nach wie vor ist. Auch das war einer der vielen, wohldurchdachten Einfälle einer Regie, die das Wohl ihres Publikums im Blick behielt.
Die Solisten, allesamt Chormitglieder, hatten Witz, Sehnsucht, Hingabe, Empörung zu vermitteln und taten dies zur Freude des Publikums mit Hingabe und Talent. Sie einzeln zu würdigen, würde den Rahmen sprengen. Gewürdigt aber werden muss Pianist Bernd Schuster, der die anspruchsvolle Aufgabe, den Chor durch die Kantate zu begleiten, mit Bravour erfüllte. Ein ganz besonderes Projekt voll großer Gefühle, ein mitreißender Abend und viel Applaus eines begeisterten Publikums.