Ärger um Plätze an weiterführenden Schulen Schüler bangen um Plätze in Ratingen

Ratingen/Angermund · Die Nachbarstadt nimmt nur noch Schüler aus Düsseldorf auf, wenn Plätze in Schulen übrig bleiben. Betroffen sind davon viele Angermunder Familien. Sie müssen sich jetzt kurzfristig an Düsseldorfer Schulen anmelden.

Angermunder Familien stehen an der Haltestelle, von der aus ein Bus in zehn Minuten die Kinder zur Lintorfer Schule fahren würde.

Angermunder Familien stehen an der Haltestelle, von der aus ein Bus in zehn Minuten die Kinder zur Lintorfer Schule fahren würde.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Silke Senses und zahlreiche andere Eltern aus Angermund sind empört. Grund dafür ist ein Ratsbeschluss aus Ratingen, der nun erhebliche Auswirkungen auf die weitere Schullaufbahn ihrer Kinder haben wird. So hat der Stadtrat am 13. Dezember einstimmig beschlossen, dass nun keine Kinder mehr aus anderen Städten und Gemeinden an städtischen Schulen in Ratingen aufgenommen werden, wenn dort die Kapazitäten von Ratinger Kindern ausgeschöpft sind und die Kinder aus dem Umland „in der Wohnortgemeinde eine Schule der gewünschten Schulform grundsätzlich besuchen können“.

Viele Familien aus Angermund, die ihr Kind, wie das seit Jahrzehnten praktiziert wurde, am Kopernikus-Gymnasium in Ratingen-Lintorf angemeldet haben, müssen nun ihr Kind kurzfristig an einer Düsseldorfer Schule anmelden. Denn ob die Plätze an der Lintorfer Schule auch noch für die Düsseldorfer ausreichen, ist plötzlich ungewiss. Eine Erhöhung der Zügigkeit soll es nämlich nur noch geben, wenn nicht genügend Plätze für die Ratinger Schüler zur Verfügung stehen.

Und ob das der Fall sein wird, kann zurzeit noch niemand vorhersagen, denn die Anmeldungen in Ratingen sind erst für diese Woche angesetzt. Und auch Anrufe von Eltern unter anderem bei der Bezirksregierung und dem Schulamt der Stadt Ratingen, die hofften, für das Kopernikus-Gymnasium für dieses Jahr noch eine Übergangslösung bewirken zu können, waren wenig ermutigend. Geraten wird, auf alle Fälle sich auch noch um einen Platz in Düsseldorf zu bemühen.

Deshalb stehen die Düsseldorfer Familien plötzlich unter enormem Druck, denn die Zeit drängt. „Wir wurden über die neue Situation erst am Freitag, 27. Januar, informiert“, sagt Sense. In Düsseldorf endet aber bereits am 3. Februar die Möglichkeit, ein Kind an einer städtischen Schule anzumelden und die Anmeldefristen an den privaten Schulen sind bereits verstrichen. „Das private Theodor-Fliedner-Gymnasium in Kaiserswerth, das noch gut erreichbar gewesen wäre, fällt deshalb für uns als Alternative jetzt weg“, sagt Senses. Sie möchte nun ihr Glück am städtischen Max-Planck-Gymnasium in Stockum versuchen. Diese Schule konnten sie und ihre Tochter allerdings bislang noch nicht kennenlernen, denn als dort der Tag der offenen Tür war, schauten sie sich gemeinsam mit anderen Familien aus Angermund das Gymnasium in Lintorf an.

„Wir haben uns dann für Lintorf entschieden, da der Schulweg mit dem Bus dorthin sehr kurz und sicher ist und es dort einen bilingualen Zweig gibt“, sagt Senses. Sie findet es unmöglich, welchen Stress ihre Tochter nun ausgesetzt wird und das diese nun auf alle Fälle einen weiteren Schulweg, verbunden mit Umsteigen, in Kauf nehmen muss. „Schon durch die zwei Jahre Pandemie waren die Kinder doch belastet bis an die Grenze. Bildung bleibt einfach auf der Strecke. Die Bewohner der Düsseldorfer Randgebiete werden einfach abgehängt.“

Dass Städte ihre Schulplätze für die ortsansässigen Kinder reservieren, wenn die Plätze knapp werden, ist allerdings ein gängiges Vorgehen. Diese Entscheidung kann jede Stadt für sich treffen. Ratingen hat allerdings laut Schulverwaltungsamt der Stadt Düsseldorf dieses nicht über die neuen Regelungen informiert, sodass es nicht die Grundschulen im Einzugsgebiet von Ratingen vorwarnen konnte. Und auch die Ratinger Schulleiter haben davon wohl erst spät erfahren. So berichten Eltern, dass bei dem Infoabend im Kopernikus-Gymnasium im November auf die Frage, ob genug Plätze vorhanden wären, die Antwort noch gelautet habe: „Wir können sogar vier- oder fünfzügig starten.“

Wie viele Düsseldorfer Schulkinder vom plötzlichen Aufnahmestopp betroffen sind, kann die Stadt Düsseldorf nicht mitteilen. „Solche Zahlen liegen uns nicht vor, da uns nicht gemeldet wird, wenn ein Kind beispielsweise auf eine private Schule oder ein Internat geht oder wegzieht“, sagt Dagmar Wandt, Leiterin des Amtes für Schule und Bildung.

Aber auch in Düsseldorf nehmen städtische Gymnasien und Gesamtschulen bereits seit dem Jahr 2014 keine Schüler aus dem Umland mehr auf. Ausnahmen bilden das Lessing- und das Humboldt-Gymnasium mit ihren besonderen Sport- und Musikangeboten und Schulen, wenn diese bereits von Geschwistern besucht werden. Dieser Beschluss wurde im vergangenen Jahr aktualisiert. „Damit soll vermieden werden, dass Düsseldorfer Schüler in ihrer Stadt keinen Platz mehr erhalten und in andere Städte ausweichen müssen“, sagt Wandt.

Ähnlich wie Ratingen handhabt das auch die Stadt Neuss. Einen grundsätzlichen Aufnahmestopp gibt es dort nicht, aber der Rat hat beschlossen, dass gemeindefremden Schülern die Aufnahme verweigert wird, wenn die Zahl der Anmeldungen die Aufnahmekapazität der Schule übersteigt.

Solche Regelungen können die Angermunder Familien durchaus auch verstehen. „Wir Eltern stellen ja nicht den Beschluss der Stadt Ratingen infrage, sondern den Zeitpunkt, an dem dieser verkündet wurde. Der war unmöglich“, sagt Senses.

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