Nach antisemitischen Schmierereien an der Speestraße Lintorf veranstaltet Friedenszug

Lintorf · Antisemitische Schmierereien auf der Speestraße und rechte Flyer sorgen für große Empörung.

 Antisemitische Schmierereien in Lintorf an einem Geschäft in der Speestraße. Die Werbegemeinschaft: So etwas hat es noch nicht gegeben.

Antisemitische Schmierereien in Lintorf an einem Geschäft in der Speestraße. Die Werbegemeinschaft: So etwas hat es noch nicht gegeben.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Die Menschen in Lintorf sind fassungslos. Mitten auf der Speestraße, der Haupteinkaufsstraße, wurde an der Glasfassade eines Ladenlokals, das derzeit umgebaut wird, am vergangenen Sonntag eine antisemitische Schmiererei entdeckt. Auch eine Haltestelle sei betroffen, daneben seien rechte Flyer gefunden worden.

Die Reaktionen kamen prompt. Und es sind Worte der Entschiedenheit. „Das ist nicht mein Lintorf“, betonte Andreas Preuß, Chef der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Lintorf. Für den kommenden Sonntag, 4. November, ruft der Bundestagsabgeordnete Peter Beyer (CDU) zu einem Friedenszug oder zu einer Menschenkette auf, beginnend auf der Speestraße an der Ecke Kreuzfeld bis hin zur evangelischen Kirche. Ein ökumenischer Gottesdienst, so der Abgeordnete, könnte den Abschluss bilden.

Die Schmiererei sei kein Spaß, keine Petitesse, meint Beyer. „Vor allem nicht zehn Tage vor den Pogromen im November 1938 – die vor genau 80 Jahren den Übergang von der Diskriminierung der deutschen Juden zur systematischen Verfolgung markieren und knapp drei Jahre später im Holocaust endeten.“ Beyer ist Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und Beauftragter der Bundesregierung für Transatlantische Beziehungen.

Bei einer solchen Straftat wegzuschauen, sei „grob falsch“ – besonders kurz vor dem Jahrestag des Pogroms. „Wegschauen ist zu bequem“, sagte Beyer. Daher setzte er sich dafür ein, „etwas zu machen“. Man wolle zusammen mit allen Akteuren vor Ort „ein Zeichen setzen“. Unter anderem habe er bereits die Kirchen, die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Lintorf, Rot-Weiß Lintorf, die Werbegemeinschaft, Landrat Thomas Hendele und Bürgermeister Klaus Pesch angesprochen. Pesch habe er in China erreicht. „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass Lintorf wie ganz Ratingen zusammenhält.“ Man sei zutiefst erschrocken, dass so etwas im beschaulichen Lintorf passieren könne. Noch laufen die Planungen für die Kundgebung am Sonntag: Ob es eine Menschenkette oder einen Lichtermarsch geben werde, sei noch nicht klar. Auch hoffe man auf einen ökumenischen Gottesdienst zu Beginn oder im Anschluss.

Mit Blick auf den Rechtspopulismus sagte Beyer, dass immer öfter Grenzen und Hemmschwellen überschritten und „salonfähig“ gemacht würden. Was bei einigen Mitbürgern offenbar auf fruchtbaren Boden fällt. Beyer: „Die Leute reflektieren nicht mehr.“

Helga Krumbeck, Vorsitzende der Werbegemeinschaft Lintorf, kann sich an keinen ähnlichen Fall erinnern. Man spreche sich mit aller Deutlichkeit gegen solche Taten aus, ein Wegschauen komme nicht in Frage. Daher werde man klar „Farbe bekennen“. Und die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese erklärte: „So etwas darf nicht geduldet werden.“ Sie ist gerade aus Israel zurückgekehrt, wo sie unter anderem an der Gedenkstätte Yad Vashem einen Kranz niedergelegt hat. „Jüdische Bürgerinnen und Bürger gehören zu Deutschland und zu Ratingen. Antisemitismus muss überall bekämpft werden“, so Griese. „Die Judenfeindlichkeit ist eine weltweite Bedrohung unseres menschlichen Zusammenlebens.“

Nach Angaben der Polizei hat der Staatsschutz in Düsseldorf die Ermittlungen aufgenommen.

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