Ratingen Poetischer Start ins Tragödchen-Jahr
Ratingen · Der Ratinger Schauspieler Rolf Berg stellt an jedem ersten Sonntag eines Monats um 11 Uhr vornehmlich deutsche Lyrik in der Kleinkunstreihe im Buchcafé Peter und Paula vor.
"Fack ju Göhte" mag sich, vielleicht in leicht veränderter Diktion, Schiller in den Frühzeiten seiner Bekanntschaft mit dem anderen Dichterfürsten in Weimar gedacht haben. Man stand nicht von Beginn an auf gutem Fuß. Wie es weiterging mit den beiden, wie es mit dem einen, mit Friedrich Schiller, einen guten Anfang und spannenden Fortgang nahm - das wusste bei der neuen Programmreihe im Buchcafé Peter und Paula auf der Grütstraße dessen Hausdeklamator Rolf Berg aufs Trefflichste unters Publikum zu bringen. Er ist nicht nur den Ratingern durch Fernsehrollen ("Die Anrheiner"), Hörbuch-Produktionen und als Synchron-Sprecher vertraut, er ist auch Ratinger. Und das muss ja gar nicht schlecht sein.
Immerhin hat sich der Schauspieler angeschickt, den geneigten Zuhörerinnen und Zuhörern an jedem ersten Sonntag eines Monats um 11 Uhr, also zu besten Gottesdienst-Zeit für Spätaufsteher, im Schatten von St. Peter und Paul Licht in vornehmlich deutsche Poesie schimmern zu lassen. Manchmal haut Berg auch einen Scheinwerfer raus.
Und siehe da: Die Gansen-Schultz-Dynastie sitzt keinesfalls inmitten vieler Bücher allein neben Kaffeekanne und Morgenwein in ihrem Buchcafé, sondern kann ein fein sortiertes Publikum begrüßen. Da sind die literarisch Interessierten, die Tragödchen-Fans, die Genießer wohlgesetzter Worte versammelt, die immer auch mal gern über ein paar deftige Text-Passagen ins Kichern kommen. Dürfen sie doch auch mal ein Wort dazwischen rufen. Berg bot seinen Zuhörern nicht nur vorgetragene Poesie und Prosa, sondern lauschte gemeinsam mit ihnen seinem Recorder, auf dem nicht nur lebensgeschichtliche Bedeutsamkeiten Schillers festgehalten waren, sondern auch zarte Kompositionen des Jazz-Gitarristen Max Zentawer. Oder wurden die Kompositionen nur zu leise abgespielt?
Da delektierte man sich am tiefen Sinn des Gedichts "Hoffnung", ließ die Gedanken schweifen, als ein paar Zeilen aus "Kabale und Liebe", als Bedeutsames aus "Die Räuber" zu hören waren, war ebenso innerlich auf Verachtung aus wie der Ritter Delorges, der der zickigen Dame Kunigunde den Handschuh aus der Raubtier-Arena gerettet hatte. Verständlich, dass das Pathos ein wenig mit Berg durchging. Und auch manchmal gab er die Frauenrollen schon leicht tuntig - waren sie doch eigentlich nicht alle daneben. "Des Lebens Mai blüht einmal und nicht wieder. Mir hat er abgeblüht" - Wehmut im Gedicht "Resignation", leichte Wehmut auch in den Stuhlreihen des Tragödchen, endet der Text doch: "Was man von der Minute ausgeschlagen, gibt keine Ewigkeit zurück". Feinsinnig ausgewählte Texte belohnten ein Ratinger Publikum sehr wohl. Man applaudierte angemessen, will sagen, anhaltend.
Und die hauchzart gläsern gesponnene Atmosphäre wurde gottlob durch Hausherr Bernd Schultzens handfeste Werbeblöcke und immer wieder beliebte weitere Darbietungen zuverlässig ins Hier und Jetzt verschoben: "Ich liebte eine Friseuse....." hieß es da unter anderem.
Schüss, Friedrich Schiller.