Heiligenhauserin hift „Bricht das Virus aus, gibt es viele Tote“

Petra Ullrich wird das Bundesverdienstkreuz für ihre Hilfe in Rumänien verliehen. Sie berichtet, wie die Krise die Arbeit erschwert.

 Petra Ullrich, Leiterin der Rumänienhilfe „Vergessene Kinder“ packt  derzeit Kartons.

Petra Ullrich, Leiterin der Rumänienhilfe „Vergessene Kinder“ packt  derzeit Kartons.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Eigentlich hatte sie keinen Brief vom Bürgermeister erwartet. Und so hat sie den Umschlag an diesem Tag Ende Februar einen Tag mit sich herum gefahren. „Ich habe ihn dann erst am Nachmittag in Ruhe gelesen und wirklich realisiert was dort steht“, erinnert sich Petra Ullrich. Der Inhalt: Für ihr Engagement mit dem Verein „Vergessene Kinder“ in Rumänien, wird sie die Verdienstmedaille der Bundesrepublik erhalten. „Über die Auszeichnung war ich dann mehr als erstaunt.“

2016 hatten Freunde davon gesprochen, sie vorschlagen zu wollen, zwischenzeitlich sei das Thema jedoch nicht wieder aufgekommen. „Klar habe ich mich dann gefreut. Nach und nach habe ich gespürt, wie sehr meine Arbeit durch meine Umgebung geschätzt und honoriert wird und mir wurde der Wert dieser Auszeichnung bewusst. Gerade meine Familie ist sehr stolz. Aber diese Resonanz hatte ich nicht erwartet.“

Seit 20 Jahren setzt sich die Dreifachmutter im siebenbürgischen Medias und Umgebung für Menschen in Armut ein. „Mein größtes und mir sehr ans Herz gewachsenes Projekt ist das After School Projekt. Wir betreuen hier Grundschulkinder bis zum Schulende und versuchen sie auf die Berufswelt oder ein Studium vor zu bereiten. „Wir kümmern uns um Kleidung, sämtlichen Schulbedarf, sowie Lebensmittel und Hygieneartikel für die Familien. Die Kinder werden nach der Schule mit Essen versorgt, bei den Hausaufgaben betreut und erhalten Nachhilfeunterricht – für die Familien kostenfrei, aber nicht bedingungslos. Wer drei mal im Monat fehlt und nicht krank ist, verliert seinen Platz.“

Derzeit herrscht wegen der Corona-Krise in Rumänien Ausgangssperre, diese werde rigoros von der Polizei und dem Militär überwacht. „Bisher ist niemand unserer betreuten Familienmitglieder erkrankt, bricht das Virus in dem Dorf Mosna aus, welches wir betreuen, wird es viele, viele Tote geben“, sagt Ullrich. Zur Zeit wird Geld für Lebensmittelkäufe gesammelt, um die größte Not zu lindern, Sachspenden werden derzeit nicht angenommen.

Ullrich will nun verstärkt Patenschaften ins Auge nehmen. Dafür erstellt sie jeden Tag auf der Facebook-Seite Informationen und Bilder. Die Spendensuche werde ohnehin immer schwieriger, ob sie jemals ans Aufgeben gedacht hat? „Als ich mit meiner Arbeit begann, betreute ich über 100 HIV positiv getestete Kinder, angesteckt im Krankenhaus, durch unsauberes Arbeiten. Das mehrfache Benutzen einer Impfnadel war damals noch üblich. Jahr für Jahr habe ich diese Kinder verloren und jeder dieser Verluste hat mich tief getroffen.“ Was sie betroffen mache, sei wie man diese jungen Menschen zum Teil hat sterben lassen. „Der Arzt gibt keine Medikamente, mit dem Argument ‚der stirbt sowieso‘ und der Krankenwagen kommt nicht, da die Kinder häufig zusätzlich eine Tuberkulose haben und der Wagen desinfiziert werden muss.“

Nicht aufgegeben hat sie, weil sie etwas bewirken konnte: „Durch meine medizinische Ausbildung konnte ich oft Schmerzen lindern, für die Kinder als ‚Mutterersatz‘ am Sterbebett sitzen und zuletzt die Beerdigung bezahlen. Ich habe vor 21 Jahren ein Versprechen abgegeben ‚Lieber Gott, hilf mir, Mutter zu werden und ich werde diesen Menschen helfen, solange es meine Kräfte erlauben!“

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