Ratingen Ost: Vergifteter Boden wird ausgegraben

Ratingen · Redaktionsgespräch mit Hannelore Hanning (FDP) über das Eisenhüttengelände. Dort sollen Wohnungen entstehen.

 Nach Jahrzehnten der Ruhe sollen nun auf dem Eisenhüttengelände Wohnhäuser gebaut werden. Der verseuchte Boden muss vorher komplett ausgebaggert werden. Im November könnte es losgehen.

Nach Jahrzehnten der Ruhe sollen nun auf dem Eisenhüttengelände Wohnhäuser gebaut werden. Der verseuchte Boden muss vorher komplett ausgebaggert werden. Im November könnte es losgehen.

Foto: Blazy, Achim

Ost Bereits im November könnte es losgehen mit der Sanierung des ehemaligen Eisenhüttengeländes in Ost. Auf der seit vielen Jahren brachliegenden Fläche sollen insgesamt 90 Wohneinheiten entstehen. Weil der Boden verseucht ist, war ursprünglich Wohnbebauung ausgeschlossen worden. Weil sich aber kein Investor für Gewerbebauten fand, soll nun der Boden komplett ausgehoben werden.

Anwohner erinnern sich noch mit Grausen, als die Fläche 2001 versiegelt wurde: Die Bagger kratzten nur ein wenig an der Oberfläche, prompt stieg ein unbeschreiblicher Gestank empor. Im Rat wurde nun die Änderung des Bebauungsplanes durchgewunken - nur die FDP enthielt sich der Stimme: Sie will noch wichtige Umweltfragen geklärt wissen.

Das Gelände galt früher als eine der gefährlichsten Giftmüllkippen Ratingens. Im Boden lagern bis in einer Tiefe von 6,50 Metern organische Verbindungen wie Benzol und Phenol, die als krebserregend gelten. Das Gelände wurde 2001 mit seitlichen Spundwänden abgedichtet, obendrauf kam eine Kunststofffolie, damit die Wanne mit der Giftbrühe bei Regen nicht überlauft.

Zusätzlich schützt eine dicke Lehmschicht den Boden vor dem Eintreten von Regenwasser. Vorgesehen war die Fläche nur für die Bebauung mit Büro- und Gewerbeimmobilien inklusive einer Betonversiegelung des Bodens. Eine Wohnbebauung wurde wegen der im Boden schlummernden Giftstoffe im geltenden Bebauungsplan (B-Plan) Ost 172 bislang kategorisch ausgeschlossen. Später wurde mit dem B-Plan Ost 360 der Weg für eine Seniorenwohnanlage geebnet, doch auch daraus wurde nichts.

Nun will ein Investor alles auskoffern, im Boden eine Tiefgarage versenken und obendrauf Wohnhäuser bauen. Insgesamt sollen 90 Wohnungen entstehen, davon 44 barrierefreie Einheiten. Nach Planung des Eigentümers und der Projektgesellschaft soll die Vermietung der Wohnungen der 50plus-Generation vorbehalten bleiben. Teilweise sollen Seniorenwohnungen mit Betreuungskonzept entstehen. Mit maximal drei Vollgeschossen soll das umliegende Wohngebiet nicht überragt werden, so der B-Plan.

"Wir wollen dem Projekt nicht im Wege stehen", sagte gestern FDP-Fraktionschefin Hannelore Hanning im Redaktionsgespräch, als Begründung für die Enthaltung bei der Abstimmung. Doch seien zwei Fragen noch nicht geklärt. Die möglicherweise erforderliche Absenkung des Grundwassers könnte folgenschwere Probleme nach sich ziehen, befürchtet Hanning. Sie hat sich vor Jahren schon einmal mit der Problematik beschäftigt: Den Anwohnern der Fläche liefen regelmäßig die Keller voll, weil auf der versiegelten Fläche nichts versickert.

Und: Um den Aushub fortzuschaffen, seien etwa 3600 Lastwagenfahrten nötig, so Hanning. Das hätten Fachleute aus den eigenen Reihen "mal über den Daumen gepeilt". Da stelle sich die Frage nach der Verkehrsführung und der Reinigung der Fahrzeuge, schließlich handele es sich um stark belastetes Material. Sie hoffe, dass es ein Verfahren gebe, das die Geruchsbelästigung eindämmt.

Der Boden enthält nach Gutachten vor allem Teer- und Mineralöle. Der austretende Gestank sei in erster Linie von Naphthalin, das früher auch in Mottenkugeln enthalten war, gekommen, so Experten. Eine Eigenschaft von Naphthalin sei, dass es schon in geringsten Konzentrationen stark rieche.

Ihres Wissen nach sei der erste Investor aus den Niederlanden bereits pleitegegangen, ein neues Unternehmen sei nun am Start. "Doch was passiert, wenn diese Firma während des Sanierungsplanes in den Konkurs geht? Dann muss der Kreis einspringen, was wiederum die Kreisumlage beeinflusst", sagte Hanning. Gestern kündigte sie an, Akteneinsicht zu beantragen, bevor die Verträge unterzeichnet würden.

(RP)
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