Ausprobiert Orientalischer Tanz – Mann o Mann!

kreis Mettmann · Neues Jahr, neues Ding? Zum Jahreswechsel startet die RP eine Reihe von Selbstversuchen.

  RP-Redakteur Thomas Gutmann nimmt eine Schnupperstunde „Orientalischer Tanz“ bei TSV-Trainerin Claudia Behmerburg.

 RP-Redakteur Thomas Gutmann nimmt eine Schnupperstunde „Orientalischer Tanz“ bei TSV-Trainerin Claudia Behmerburg.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Der Abend beim Libanesen ist ein paar Jahre her. Zum Glück erwischte es damals meinen Kumpel Toralf. Und Toralf hatte genug süßen Wein intus, um bei den Schlangenbewegungen, die die Bauchtänzerin um ihn herum vollführte, eine entspannte Figur zu machen. An die Feier beim Libanesen muss ich zurückdenken, als ich in der kleinen Turnhalle der Reusrather Peter-Härtling-Grundschule stehe. „Orientalischer Tanz“ steht an. Eine Stunde in einem Kursus des Tanzsportvereins (TSV) Langenfeld.

 Zu einem Bauchtanz bedarf es eigentlich nur bequemer Kleidung. Für die Bühne aber, wie hier bei einem Straßenfest, sind ein Raqs-Sharqi-Kostüm mit Schleier und weibliche Rundungen von Vorteil.

Zu einem Bauchtanz bedarf es eigentlich nur bequemer Kleidung. Für die Bühne aber, wie hier bei einem Straßenfest, sind ein Raqs-Sharqi-Kostüm mit Schleier und weibliche Rundungen von Vorteil.

Foto: Schaller,Bernd (bs)/Schaller, Bernd (bs)

Natürlich ist fast alles anders als beim Libanesen. Ein moderner „Mehrzweckraum“ mit rotem Kunststoffboden, Sprossenwänden und lichten Fensterfronten. Dazu gleich fünf Tänzerinnen! In überwiegend schlichtem Fitness-Outfit. Meine „Mitschülerinnen“ und TSV-Trainerin Claudia Behmerburg. Und natürlich bin ich der einzige Mann. War ja klar. Welcher Kerl macht schon Bauchtanz, wenn er nicht gerade im Karneval auftritt?!

Orientalischer Tanz, der als Vorläufer des Striptease gilt, kann eine erotische Note haben, muss aber nicht, klärt mich Trainerin Claudia auf. „In unserem Kurs geht es um Körperwahrnehmung, schonende Bewegungen und die Freude an beidem“, sagt die ausgebildete Shiatsu-Praktikerin. Frische 55, sportliche Kurzhaar-Frisur, gute Ausstrahlung – bei Claudia fühlt man sich als Hahn im Korb in guten Händen. Von den Mädels hier erlaubt sie sich noch am meisten Orient am Körper: Rote Spitze, ein Türkis um den Hals, ein goldfarbenes Tuch um die Hüfte.

Ein Tuch in orange, lagunenblau oder schwarz tragen auch die anderen. Es ist – neben den klimpernden Pailletten von Oberteil und Rock – das zentrale Accessoire beim Bauchtanz. Eines Säbels oder Kerzentabletts jedenfalls bedarf es bei unseren Übungen nicht.

„Wir fangen mit einer Wahrnehmungsübung an“, sagt Claudia. Im Kreis stehend, fragen wir uns zunächst, wie viele Zehen wir jeweils mitgebracht haben. Dann geht es den Körper hoch, ein Körperteil nach dem anderen. Wer möchte, schließt die Augen. „Wir stehen locker, nehmen unsere Knie wahr.“ Alles ist ruhig. „Wir bleiben bei unserem Becken stehen. Unsere Organe liegen darin wie in einer Schale.“ Wir atmen ein und aus, spannen einzelne Muskeln an und lassen wieder los. Über Brust, Schulter, Arme, Hände und Kopf geht es zurück zum Bauch, „unserer Mitte“.

Warum dieses Durchdeklinieren des Körpers in seinen Einzelbestandteilen? Das wird nach der Lockerungsübung deutlich. Ob Beine, Becken oder Brust – wer orientalisch tanzt, muss die jeweilige Körperregion isoliert von ihrer Nachbarschaft bewegen. Das macht den Zauber dieses Tanzstils aus. Das ist aber auch die – verdammte - Schwierigkeit.

Manche Einzelbewegung ist weich und schlangenhaft, die andere abrupt. So wie die Musik: Hier melodisch, da rhythmisch. Die Musik aus Claudias mitgebrachter Box wird orientalischer. Der erste Tanzschritt. Die „Tabs“ nach vorn und zurück fallen mir noch leicht. Ich rufe Tanzschul-Basics ab, verstaubte zwar, aber vorhanden.

Dann geht es untenrum weiter. Wir sollen das Becken kippen. „Wie am Fensterbrett.“ Wie meint sie das? Nun die „Wippe vorwärts“. Puhhh! Es wird kompliziert. Claudia liest in meiner faltigen Stirn wie in einem Buch. „Nicht schlecht, wir sehen bei ihm die klassische Tanzerfahrung“, sagt sie aufmunternd in die Runde. Ich bin ein bisschen stolz. Und wundere mich, dass ich bereits nach einer Viertelstunde meine Waden spüre. Wir „präsentieren“ unsere Hüften. Dann kommt der Moment, da mir endgültig klar wird, warum Bauchtanz keine Männerdomäne ist. „Wir stellen uns unsere Brust wie eine alte Schreibmaschine vor“, sagt Claudia. Also nicht die Tasten, sondern die Walze mit dem Papier: Wie es am Zeilenende „ping“ macht und die Walze zurücksaust. Ruckartig. Waagerecht. So sollen wir unsere Brust bewegen. Es folgen Lektionen, bei denen die Mädels dem Anfänger davontanzen. „Wir springen vom Becken zur Brust“, gibt die Trainerin vor. Kurz darauf nehmen wir die Hände „wie einen Pinsel und streichen damit die Wand“. Ich sehe, wie die anderen flüssige Bewegungen machen, mal kreiselnd, dann wieder schlangen- oder wellenförmig. Und habe das dumme Gefühl: Bei mir sieht es weder rund aus noch eckig. Und jetzt der „Shimmy“! Das berühmte rhythmische Zittern der Hüften. O je! „Das lernt man eben nicht so leicht“, tröstet mich Claudia.

Kristiane schätzt an dem Genre die „weiblichen Bewegungen“. Die anderen aus der Runde reizt unter anderem das „Ungewöhnliche“ (Michaela, 45) oder „Abwechslungsreiche“ (Kerstin, 47).

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