Ratingen Netzels Abwahl ist reine Formsache

Ratingen · Der Ältestenrat einigte sich gestern hinter verschlossenen Türen auf eine Sondersitzung des Stadtrates im Januar.

 Ulf-Roman Netzel nach der Urteilsverkündung im Düsseldorfer Landgericht.

Ulf-Roman Netzel nach der Urteilsverkündung im Düsseldorfer Landgericht.

Foto: Achim Blazy

Nach dem Urteil des Düsseldorfer Landgerichts will die Ratinger Politik den Fall Ulf-Roman Netzel schnellstmöglich vom Tisch haben. Gestern tagte der Ältestenrat hinter verschlossenen Türen. Intern einigte man sich darauf, die Abwahl des Technischen Beigeordneten zu beantragen (siehe Info-Kasten). Die Abwahl gilt nur noch als Formsache. Susanne Stocks, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, hatte bereits am Tag der Urteilsverkündung betont, dass "wir als Politiker eine Verantwortung für die Stadt Ratingen tragen". Man brauche einen neuen Beigeordneten.

 Das Büro des Beigeordneten im Technischen Rathaus ist seit dreieinhalb Jahren nicht mehr besetzt.

Das Büro des Beigeordneten im Technischen Rathaus ist seit dreieinhalb Jahren nicht mehr besetzt.

Foto: Blazy

Das betonte auch Alexander von der Groeben, BU-Fraktionschef, der sich ebenfalls für ein Abwahlverfahren aussprach: Mit dem Urteil sei nun die "Zeit des Handelns" gekommen. Große Bauprojekte würden nur noch schleppend behandelt. "Es ist unverantwortlich, weiter abzuwarten und die Position des Baudezernenten auf unabsehbare Zeit unbesetzt zu halten", so von der Groeben.

Eine Revision beim BGH dauere etwa ein Jahr. Es sei zu erwarten, dass das sich anschließende Disziplinarverfahren weitere Jahre koste. Die Wahrscheinlichkeit, dass in diesem Verfahren auf eine Entfernung aus dem Dienst erkannt werde, sei nach dem Strafurteil relativ hoch.

Netzels Stelle und die des nicht mehr im Amt befindlichen Beigeordneten Dirk Tratzig sollen schnellstmöglich ausgeschrieben werden. Insgesamt, so der Tenor, könne man sich angesichts der vielen Projekte eine weitere Zeit ohne offiziellen Baudezernenten nicht leisten. Erster Beigeordneter Klaus Konrad Pesch hatte Netzels Aufgaben kommissarisch übernommen. Netzesl Anwalt Rüdiger Deckers legte am gestrigen Tag Revision gegen das Urteil ein.

Netzel war im Dezember 2009 für eine Amtszeit von acht Jahren wiedergewählt worden. Damals durfte sich der Planungsdezernent über eine recht komfortable Mehrheit freuen. Auf Netzel entfielen 38 Ja-Stimmen, 17 Politiker stimmten gegen eine Wiederwahl. Es gab fünf Enthaltungen. Er zeigte sich nach der geheimen Wahl sichtbar erleichtert und freute sich bereits auf die 2920 Tage seiner nächsten Amtszeit. Diese Summe hatte er bereits vor der Wahl errechnet. Dass der Technische Beigeordnete obendrein abergläubig ist, belegte die Krawatte, die er sich umgebunden hatte. Denn diesen Schlips hatte er bereits bei seiner ersten Wahl getragen — und der hatte ihm Glück gebracht. Das ist nun Vergangenheit. Mit Blick auf die vakante Tratzig-Stelle konnte man sich nach Ablauf des Assessment-Center-Verfahrens nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen (die RP berichtete). Nun muss das Verfahren offiziell beendet werden. Mit diesem Punkt beschäftigt sich der Rat in seiner nächsten Sitzung. Dann soll auch beschlossen werden, die Stelle neu auszuschreiben.

Wahl und Abwahl von Beigeordneten regelt die Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW). Die Beigeordneten sind kommunale Wahlbeamte. Sie werden vom Rat für die Dauer von acht Jahren gewählt. Die Zahl der Beigeordneten wird durch die Hauptsatzung festgelegt.

Beigeordnete können vom Rat auch abberufen werden: Dazu müssen zwei Hürden genommen werden. Zunächst muss ein Antrag auf Abberufung gestellt werden, dazu ist eine Mehrheit des Rates erforderlich. Zwischen dem Eingang des Antrags und der Sitzung des Rates muss eine Frist von mindestens sechs Wochen liegen. Über den Antrag ist ohne Aussprache abzustimmen.

Der eigentliche Beschluss über die Abberufung bedarf einer Zweidrittel-Mehrheit. Ein Nachfolger des Dezernenten ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten zu wählen, heißt es in der Gemeindeordnung weiter.

In Sachen Dienstbezüge für Wahlbeamte ist das Beamtenversorgungsgesetz zuständig. Ein Beigeordneter wird im Falle der Abwahl in der Regel so gestellt, als sei er in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Bis zum Ende seiner achtjährigen Amtszeit müsste Netzel ein Ruhegehalt von etwa 71 Prozent der bisherigen Bezüge gezahlt werden.

Die allerdings waren zuletzt wegen der Suspendierung bereits erheblich gekürzt worden.

(RP)
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