Ratingen Naturschützerin bringt Kröten sicher zum Teich

RATINGEN · Heike Sendt engagiert sich im Nabu und hilft jedes Jahr Amphibien über die Straße.

 Zu diesem Laichgewässer in Lintorf bringt Heike Sendt die im Eimer eingesammelten Kröten.

Zu diesem Laichgewässer in Lintorf bringt Heike Sendt die im Eimer eingesammelten Kröten.

Foto: Blazy, Achim (abz)

„In den alten Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön; aber die jüngste war so schön,…“ Und so weiter. Es folgt die Geschichte mit der Goldkugel im Brunnen und dem Frosch, der ihre Wiederbeschaffung in erpresserischer Manier versprach.

Heike Sendt in Lintorf hat auch mit Fröschen zu tun. Sie küsst sie aber nicht, lässt sie auch nicht von ihrem Tellerlein essen oder sich von ihnen die zwischen drei und elf Kilogramm schwere Goldkugel nachtragen – sie legt Frösche und Kröten in ihr Eimerchen und transportiert sie so sicher über die Straße, dass sie auch noch mehr als den nächsten Tag erleben. Heike Sendt ist keine Königstochter, hat keine goldene Kugel (sondern ein goldenes Herz) und weiß, wo es mit den Amphibien lang geht.

Sie laichen im Wasser, verbringen ihre erste Lebensphase dort und haben eine wasserdurchlässige Haut: Amphibien sind stark an Feuchtbiotope gebunden. In Deutschland leben 21erlei Kröten, Frösche, Molche, Unken und Salamander. Seit vielen Jahren haben Naturschützer dem Amphibientod an unseren Straßen den Kampf angesagt. In der ganzen Republik sind Naturschutzgruppen des Nabu,  wie Heike und ihr Mann, Jahr für Jahr aktiv, stellen Fangzäune auf, tragen Kröten über die Straße und legen Ersatzlaichgewässer an.

Ohne dieses vielfache Engagement wäre es um unsere Frösche und Kröten deutlich schlechter bestellt. Der Weg zur Laichstelle wird mithilfe eines speziellen Organs im Gehirn gefunden. Salopp formuliert verfügen Erdkröten also über ein integriertes Navigationssystem. So kommt es, dass die Tiere querbeet durch Wälder, Wiesen, Wohngebiete und Verkehrswege ziehen. Lediglich wenn das Gewässer, an dem eine Kröte aufgewachsen ist, ausgetrocknet ist oder der Weg dorthin verbaut wurde, suchen sich die Tiere ein alternatives Gewässer.

In den vergangenen Wochen war es wieder so weit: Eine Gruppe von sechs Zuverlässigen machte sich Tag für Tag auf zur Kalkumer Straße und zum Linneper Schloss, zur Rehhecke und zum Breitscheider Weg, um Kröten und Fröschen über die Straße zu helfen. Allein schaffen die Tiere rund 600 Meter pro Tag und legen pro Wanderung Strecken von bis zu fünf Kilometern zurück.

Und, was man auch noch bedenken sollte – die Weibchen schleppen auch noch ihre Männchen auf dem Rücken mit sich. Ohne Menschen wie Heike Sendt würden jedes Frühjahr sehr viel mehr der wackeren Tiere überfahren. Da sie aber zu den weniger hübschen Tieren gehören, gibt es beim Anblick von Massen-Kröten-Märschen keine mitleidigen und spitzen oh-wie-süß-Schreie.

Heike Sendt ist jetzt Rentnerin, eine junge Rentnerin. Als die gebürtige Angermunderin noch auf dem Weg zum Berufsziel Einzelhandelskauffrau war, arbeitete sie an der Kö und war später in der Musikabteilung eines Kaufhauses tätig. Der Wechsel ins Ehrenamt allerdings ist ihr keinesfalls schwer gefallen. Sie erkennt, wo sie gebraucht wird. Auch, wenn da keine goldenen Kugeln durch die Lüfte fliegen.

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