Ratingen Nach der Flut nur noch Müll

Ratingen · In vielen Stadtteilen werden Kellerutensilien in die Sonne gestellt: Nach der großen Regenflut zogen Bürger, Feuerwehr und Stadt eine erste Bilanz. Die Rückhaltebecken und neue Software haben sich bewährt.

Gestern waren die Überflutungen von Sonntagabend noch Thema in vielen Stadtteilen: Beim Rausräumen ihrer Möbel und Teppiche zum Trocknen kamen Nachbarn ins Gespräch. Für Siegbert und Angelika Karbjinsiki steht fest: "So schlimm hat es uns noch nie erwischt." Seit 37 Jahren wohnen sie im Schlehenweg — dass das Wasser sogar "wie ein Wasserfall aus der Spüle im Hobbykeller gelaufen ist", sei neu gewesen, berichteten sie. Schon vor Jahren hatten sie, nach einem ähnlichen Regenguss, den Gulli in der Waschküche mit einer Rückstausicherung versehen.

"Bis zwei Uhr nachts haben wir Wasser geschippt", berichtete Angelika Karbjinsiki. Nach dem Hagelschlag habe es ausgesehen wie im Winter: "Drei Stunden lang war alles weiß."

In West hat es stark geregnet

Im Tiefbauamt wurde auch gestern noch der Unwettertag ausgewertet. Fazit von Wilfried Georg, zuständig für die Stadtentwässerung: Die neuen Regenrückhaltbecken hätten sich bewährt. Im unterirdischen Becken an der Dechenstraße seien nur zwei von vier Becken vollgelaufen. Die Anlage an der Poststraße war voll und habe "geringe Mengen" an die Entlastungsleitung in Richtung Schwarzbach abgeben müssen. Die unterirdische Leitung, die auch als Staukanal dient, wurde im vergangenen Jahr in Betrieb genommen.

Warum aber liefen trotzdem viele Keller voll? Man müsse erstens die Einzugsgebiete der Regenbecken berücksichtigen, sagte Georg. Vor allem in West habe es stark geregnet. Dazu komme die Tatsache, dass die Regenfälle lokal sehr begrenzt gewesen seien. Die Kanäle hätten die Regenmengen sehr wohl aufnehmen können. Doch es haperte wohl am Abfluss: Hagelkörner hätten die Straßenabläufe zugesetzt. Und auch auf den Freiflächen hätte das Wasser nicht schnell genug versickern können: Das suche sich dann seinen Weg.

So liefen unter anderem die Keller der Himmelshäuser voll. Auch die Fahrstuhlschächte waren geflutet, die Anlagen mussten stillgelegt werden. Was zum Beispiel am Schlehenweg passiert sei, sei ein "altes Thema": Dass sich Wasser im Kanalnetz staue, sei ein normaler Betriebszustand. Daher empfehle man immer wieder, für Rückstausicherungen zu sorgen — "auch für Spülen". Grundsätzlich solle man alle Bereiche "unterhalb der Straßenoberkante" so sichern, dass nichts aus dem Kanalnetz in den Keller fließen könne. Das sei sogar im Ortsrecht nachzulesen.

Feuerwehr im Dauerstress

Die Feuerwehr hatte bis 2 Uhr morgens alle Hände voll zu tun. Nach der Unwetterwarnung habe man den Stabsraum besetzt und alle Vorbereitungen getroffen, sagte Einsatzleiter Joachim Herbrand. Bei solchen "Lagen" gehe man nach dem selbst entwickelten "Flächenkonzept" vor: Die Berufswehr bleibt außen vor, die Wassereinsätze werden ausschließlich von der Freiwilligen Wehr gefahren. Die Regengüsse hätten bereits kurz nach der Warnung eingesetzt, so Herbrand.

Erstmals habe sich die Spezial-Software, die man für Sturm- und Regenlagen angeschafft habe, bewährt: Sie übernimmt die Notrufe, die in der Kreisleitstelle in Mettmann über 112 eingehen und leitet sie, bereits nach Priorität sortiert, an die zuständigen Mitarbeiter im Stab weiter. Die Alarmierung der Einheiten durch den Informations- und Kommunikationszug (JuK) ist nur ein Knopfdruck weiter.

Vorteil dieser Software namens "Geobyte": Der Stab habe stets den Überblick, und die Wartezeiten der Einheiten bis zum nächsten Einsatz hätten sich von ehemals 20 bis 30 Minuten auf fünf bis zehn Minuten verkürzt, so Herbrand. Es können also wesentlich mehr Einsätze in der gleichen Zeit "abgearbeitet" werden — insgesamt 81 waren es bis Montagmorgen.

Beim Hagelschauer fielen in einer Stunde 34,4 Liter pro Quadratmeter, so Klaus Mönch, "Wetterfrosch" vom Grünflächenamt: "Das entspricht der halben Monatsmenge. Stadtteile wie Hösel und Homberg blieben vom Hagel weitgehend verschont. Die Temperatur fiel von 25 Grad auf 14 Grad."

(RP)
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