RATINGEN Mini und Schlaghose sind museumsreif

RATINGEN · Das Industriemuseum Cromford widmet sich in seiner neuen Ausstellung der Mode und dem Zeitgeist der 68er.

 Christiane Syré (links) und Claudia Gottfried haben die Ausstellung konzipiert.

Christiane Syré (links) und Claudia Gottfried haben die Ausstellung konzipiert.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Mit Sicherheit haben Gretchen und Rudi Dutschke nicht die Klamotten getragen, die das LVR-Industriemuseum Cromford ab dem kommenden Sonntag unter dem Begriff „Mode 68 – mini, sexy, provokant“ auf 500 Quadratmetern präsentiert.

Dass die Dutschkes – Rudi und Gretchen –  weniger mode-affin waren, wird auch eingeräumt. Aber – sieht man sich die grellbunten, häufig kunststofflichen Gewänder an, mag man auch nicht glauben, dass die einer ganzen, einer aufmüpfigen und rigorosen Generation gefallen haben könnten.

Nebenbei sei gesagt, dass die Jacke, die da als „Parka“ präsentiert wird, schon im Jahr 1968 eher von royalen Briten bei der Moorhuhnjagd geschleppt worden ist, als dass sie SoWi-Studenten auf ihrem Gang in die muffigen Unis gewärmt hätte.

Man fuhr Fahrrad, Ente oder R4, wusste, was Joints sind und wie sie fröhlich machen können und war von Beatles und/oder Rolling Stones verzückt.

Vater kaufte die bügelfreien, immer gelber werdenden Nyltest-Hemden, die vornehmlich strengen Körpergeruch konservierten. Bubi und Freundin wollten – so sie höchstens ein bisschen über 20 waren, ganz anders sein als die alten Herrschaften mit ihrer spießig eleganten Aufmachung. Man wollte auch kein zeitgeistig aufgebrezeltes Kind sein.

Und die junge Frau, die heute Oma ist und von dem dazugehörigen Opa wegen ihrer feschen Klamotten ein toller Feger genannt wird – hat die etwa den schrill bunten Kram angezogen? Lügt Opa heute, weiß er nicht, was er damals gesehen hat? War Oma damals tatsächlich völlig geschmacksbefreit?

Beides nein. Nur – die Ausstellung zeigt Beispiele einer Mode, wie sie vor fünf Jahrzehnten als Kontrapunkt zum damals üblichen gediegenen Nachkriegsschick in die Läden und an den Leib kam. Und unter den Exponaten sind eben auch grausliche Beispiele, denen man nicht ansieht, dass man auch in Courreges-Kleidern, mit silbernen Stiefelchen und metallenen Westen durch den Alltag und seine gelegentlichen Highlights tingelte.

Ein gediegener Katalog (10 Euro) zeigt Fotos zu einzelnen Mode-Stichwörtern. Wobei der Text zu Hotpants zum Beispiel nicht zu dem daneben stehenden Bild der Schlabbershorts passt. Gottlob sind auch die Hippies nicht vergessen, tauchen lange Röcke, indische Kleider und die zottelige Afghanenjacke auf. Grüße einer fernen Zeit, die sehr wohl auch heute im stromlinienförmigen Mode-Mainstream Wellen machen könnte.

Die Ausstellung läuft noch mehr als ein Jahr, nämlich bis zum 22. Dezember 2019. Sie ist dienstags bis freitags von 10 bis 17, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr zu besuchen. Während der Schul-Weihnachtsferien allerdings macht das Industriemuseum Betriebsferien. Kinder und Jugendliche haben freien Eintritt, Erwachsene zahlen 5,50 Euro, Führungen kosten 50 Euro (Anmeldung unter 02234-9921555.

Und auch für Schnüffler gibt es etwas: Man kann die Düfte der damaligen Zeit genießen, als sich Patchouli und 4711 genauso wie die Generationen bekämpften.

Öffentliche Führungen sind am 4. November und 9. Dezember von 11 bis 12.30 Uhr. Kosten: 8 Euro Erwachsene, 2,50 Euro Kinder und Jugendliche. Adresse: Cromforder Allee 24 in Ratingen.

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