Ratingen. Mit dem Aschenkreuz in die Fastenzeit

Ratingen. · Der Aschermittwoch ist für viele Menschen auch der Start in die Passionszeit. Was ist erlaubt, was tabu?

In 16 Ratinger Kirchen gibt es heute nach den Gottesdiensten das Aschenkreuz.

In 16 Ratinger Kirchen gibt es heute nach den Gottesdiensten das Aschenkreuz.

Foto: epd

"Der Aschermittwoch ist der neue Silvesterabend" - möchte man am liebsten sagen, wenn man die guten Vorsätze ringsum betrachtet, deren langfristige Verwirklichung schon eher Aussicht auf Erfolg hat als die guten Pläne beim Jahreswechsel.

Zum Beispiel das Fasten (oder Abnehmen), eins der uneingeschränkt häufigsten Vorhaben: Heutzutage segelt es eher unter den Überschriften Wellness oder Gesundheitspflege. Eigentlich ist die religiöse Fastenzeit - 40 Tage ohne die Sonntage bis Ostern - ohnehin besser mit dem Wort Passionszeit beschrieben. Aber auch sie kann nur planvoll zelebriert werden, wenn man gut organisiert Richtung Ostern segeln möchte. Sowohl körperlich als auch seelisch.

Im Mittelalter gingen diese Begriffe noch Hand in Hand. Bis zum gestrigen Tag, dem "mardi gras" oder auch "fetter Dienstag", mussten damals alle sättigenden Vorräte verspeist sein: Milch, Eier, Zucker, Schmalz waren tabu in der Fastenzeit. Dünne Süppchen waren als einzige Mahlzeit am Tag erlaubt und wurden vornehmlich am Abend verzehrt, damit man nicht etwa vor Hunger nicht in den Schlaf kam.

Wer heutzutage richtig strikt fastet - etwa nach Buchinger oder Mayr (siehe Kasten) verfolgt damit sicher mehr als nur eine Gewichtsreduktion. Die ist nämlich mit einer gescheiten Ernährungsumstellung auf Vollkornprodukten saisonales und regionales Obst und Gemüse, reichlich Wasser und Bewegung viel besser zu erreichen und zu halten, als wenn man 40 Tage lustlos alte Brötchen einspeichelt und runter würgt. Nicht umsonst sagt Prof. Ingo Froböse, Leiter des "Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung" der Deutschen Sporthochschule Köln: "Immer nur Schach ist genauso falsch wie immer nur Fußball."

Wer fastet, möchte vielleicht mehr über sich erfahren, sich auf die eigene Person besinnen, den Kopf frei bekommen. Das ist tatsächlich zu schaffen und braucht manchmal nicht einmal gut zwei Wochen. Auf jeden Fall beschäftigt sich ein Fastender mehr mit sich selbst als jemand, der durch den Tag hetzt und eher unreflektiert Nahrung jeglicher Art zu sich nimmt. Das Bewusst-Werden allein ist schon die halbe Miete. Manchmal beginnt eine persönliche Fastenzeit mit dem Wunsch, das Körpergewicht zu reduzieren.

Außerdem werden beim Fasten keine neuen Säuren zugeführt, die noch vorhandenen durch reichliche Flüssigkeitszufuhr weitgehend neutralisiert. Dazu empfiehlt sich eine mehrfache Messung des pH-Wertes des Urins. "Ist der ständig unter dem Messwert 7, sind wir übersäuert und riskieren nicht nur schlechte Laune, sondern auch Verdauungsstörungen, Darmpilze, Gallen- und Nierensteine und zahlreiche chronische Schmerzen", sagen Fastenärzte.

Wer gesund ist (Check beim Arzt) und charakterfest, kann getrost das Fasten angehen. Zur Not wählt er leicht abgeschwächte Ernährungsformen. Er muss nur dann gewaltig aufpassen, wenn es um den Einkauf geht. Mit dem Fasten kann sich also der Blick aufs Äußerliche einschränken. Er kann auf so genannte innere Werte gelenkt werden, auf weltanschauliche, auch auf christliche. Ein Zeichen dafür ist das Aschenkreuz, das zum Beispiel heute in den vier Kirchen der Pfarrei St. Peter und Paul nach 16 Gottesdiensten ausgeteilt wird.

Die schwarze Asche stammt von Palmen- oder Buchsbaumzweigen, die am Palmsonntag des vergangenen Jahres geweiht worden und in der Kirche oder zu Hause an einem Kruzifix, an Heiligenbildern oder am Spiegel befestigt worden und nun wirklich vertrocknet sind. Doch als gesegnete Gegenstände werden sie nicht einfach auf den Müll geworfen, sondern verbrannt.

Sie waren Zeichen der Hoffnung, erinnern sie doch traditionsgemäß an den Einzug Jesu in Jerusalem. So ist auch die Fastenzeit für die Kirche eine Zeit der Hoffnung, die Vorbereitung auf Tod und Auferstehung Christi.

Beim Austeilen der Aschenkreuze spricht der Priester die Worte "Gedenk o Mensch, du bist Staub, und zum Staube kehrest du zurück." - Kein bequemer Spruch. Doch die Bußzeit bis Ostern ist für Gläubige ohnehin nicht die einfachste Zeit. Mit oder ohne Fasten.

(GAHA)
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