Angedacht Menschlichkeit ist konservativ

Müssen Konservativismus und Innovationsfreude sich zwangsläufig widersprechen? Dieser Frage geht Pfarrer Matthias Leithe von der evangelischen Versöhnungskirche in Ratingen West in dieser Woche nach.

 Pfarrer Matthias Leithe (l., Versöhnungskirche) und Pfarrer Ulrich Kern (Heilig Geist).

Pfarrer Matthias Leithe (l., Versöhnungskirche) und Pfarrer Ulrich Kern (Heilig Geist).

Foto: Janicki, Dietrich (jd-)

Es gibt gesellschaftliche Entwicklungen, die nachdenklich machen. Während auf der einen Seite konservative Werte Zulauf erfahren und nicht selten in den Fundamentalismus führen, zersplittert auf der anderen Seite unsere Gesellschaft auf Grund einer immer stärkeren Entsolidarisierung.

Früher haben wirtschaftliche Zwänge noch Solidarität erfordert. Heute herrscht eher Skepsis gegenüber allen sozial-moralischen Erfordernissen, die die individuelle Lebensgestaltung eingrenzen könnten. Und während die einen die alten Traditionen und Werte beschwören, setzen andere eher auf den technischen Fortschritt und die Selbstregulierung freier Märkte.

Aber müssen Konservativismus und Innovationsfreude sich zwangsläufig widersprechen?

„Konservativsein“ wird ja oft als ein „Dagegensein“ empfunden, das den Fortschritt hindert. Die sinkenden Mitgliederzahlen der Kirchen, die seit jeher als konservativ gelten, zeigen, wie sehr sie ihre gesellschaftliche Orientierungsstärke auf diese Weise einbüßten.

Es wäre jedoch fatal, wenn die Kirchen sich dadurch in ihrer frohen Botschaft verunsichern ließen. Ihr „Konservativsein“, also das Festhalten am Bewährten – nämlich an dem was dem Leben dient, es stärkt und schützt – kann nach wie vor innovativ sein, weil Jesu Reden und Hören, sein Nachdenken und Verstehen eine einzige Parteinahme für den Menschen und die Menschlichkeit ist. In diesem Sinn konservativ zu sein, bedeutet sich kritisch, weil vernünftig für das Leben einzusetzen.

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