Franz Benton "Mein Leben hat sich entschleunigt"
Ratingen · Den Ratinger Rock-Poeten zieht es nicht auf die Bühne zurück. Auf seiner persönlichen Hitliste steht Enkel Louis ganz oben.
RATINGEN So manch einer hat es bis zum letzten Moment nicht geglaubt, als Franz Benton, in Ratingen geborener Musiker, im vergangenen Herbst ankündigte, dass nun endgültig Schluss sei. Doch der Gitarrist ist dabei geblieben.
Ein Jahr ist vergangen, seit Sie im vergangenen Herbst Ihr letztes Konzert in Ratingen gegeben haben. Was ist seit dem passiert?
Benton Wenn man die Hitliste von ganz oben beginnt, steht da die Geburt unseres Enkels Louis, ein unglaubliches Kind. Ich bin überzeugt, es ist momentan das tollste Baby auf der Welt! Dann hat sich mein Leben wohltuend entschleunigt so ganz ohne Tourneeplanung, Songschreiben, CD produzieren und Touren. Sonst ist Gott sei Dank in meinem Leben nichts Spektakuläres passiert. In meinem Alter will man ja seine Ruhe haben
. Vermissen Sie die Bühne?
Benton (lacht) Fragen Sie mich das in zwei Jahren noch einmal.
Keine Chance für einen Rücktritt vom Rücktritt?
Benton Die Chance ist sehr klein. Sollte ich aus irgendeinem dummen Zufall doch noch einen Hit haben – man stelle sich nur vor, ein junger, gut aussehender Sänger covert bei "The Voice of Germany" meine Ballade "Heaven Knows" – und alle wollen den sehen, der es geschrieben hat – dann könnte ich wohl nicht widerstehen, endlich in meinen Lieblingskonzertsälen zu spielen (lacht): der Royal Albert Hall, dem Madison Square Garden, dem Circus Krone und natürlich in einem ausverkauften Ratinger Stadttheater.
Franz Benton als Rentner, das kann sich keiner wirklich vorstellen. Was machen Sie zurzeit?
Benton Ich bastle immer wieder an unserem kleinen Spielzeugbauernhaus. In diesem Jahr habe ich unsere wunderschöne alte Scheune, ohne die Optik zu zerstören, in einen Carport verwandelt. Dann habe ich vielen Gitarristen aus dem ganzen Land im Rahmen meiner Workshops meine Songs beigebracht. Das hat mir großen Spaß gemacht. Außerdem bin ich in die Geheimnisse der artgerechten Hühnerhaltung eingetaucht und habe meine ersten beiden Küken großgezogen! Und so langsam melden sich auch die Muse und die Lust wieder, neue Songs zu schreiben.
Im vergangenen Jahr sind Ihre Eltern gestorben. Gibt es trotzdem noch Kontakt in die alte Heimat?
Benton Meine Schwester lebt in Düsseldorf. Mit Ihr telefoniere ich regelmäßig. Darüber hinaus freue ich mich sehr, nach so vielen Jahren immer noch Kontakt zu meinem frühen Idol Raimund Jülich zu haben. Er ist heute klassischer Komponist und war in den frühen 60ern der beste Gitarrist in der besten Gruppe weit und breit.
Wenn Sie an Ihre lange Bühnenkarriere zurückdenken, gibt es den absoluten Gänsehautmoment?
Benton Ich kann mich glaube ich sehr glücklich schätzen, dass meine Konzertzeit voller Gänsehautmomente war. Das letzte Konzert im Ratinger Stadttheater hatte davon reichlich. Weiter fällt mir der Moment ein, als das Coburger Publikum zum ersten Mal geschlossen den Refrain von "She´s Mine" mitgesungen hat, oder als ich als "Special Guest" von Eric Clapton vor 45 000 Leuten gespielt habe und er mir anschließend noch auf der Bühne zu dem tollen Auftritt gratuliert hat.
Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre?
Benton Ab 60 wünscht man sich, glaube ich, hauptsächlich, dass man weiterhin schmerzfrei die Treppen rauf kommt, nicht vergesslich wird – besonders beim Geburtstag der Liebsten – und verschont bleibt von Werbebroschüren der umliegenden Pflegeheime. Und ganz tief drinnen wünsche ich mir natürlich bei ein paar Leuten ein paar Spuren hinterlassen zu haben, so dass sie ab und zu gerne die ein oder andere CD aus dem Regal ziehen.
Franz Benton würde noch einmal im Stadttheater auftreten, wenn...?
Benton ... auch noch mein lang gehegter Traum in Erfüllung gehen würde und ich eine "Best of-Tournee" mit einem Symphonieorchester machen könnte. Dann müssten wir allerdings wohl in der Stadthalle spielen. Das ist zwar heute eine etwas überstrapazierte Form bei vielen Kollegen, die es sich leisten können, und nicht mehr sehr originell, aber ich träume davon schon mein ganzes Leben.
WOLFGANG SCHNEIDER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.