Interview Lipödem – oft hilft nur Fett absaugen

Unter dem Dach der Volkssolidarität Ratingen gründet sich am Freitag eine Selbsthilfegruppe.

 Die von der Krankenkasse bezahlte Fettabsaugung soll lediglich für Frauen im Stadium 3 gelten.

Die von der Krankenkasse bezahlte Fettabsaugung soll lediglich für Frauen im Stadium 3 gelten.

Foto: RP/dpa, Jens Schierenbeck

Unter dem Dach der Volkssolidarität soll am Freitag, 22. November, 17 Uhr, in der Begegnungsstätte Ratingen-Mitte eine Selbsthilfegruppe Lipödem gegründet werden. Über die Krankheit und die Folgen für die Betroffenen sprachen wir mit Gabi Evers, der Vorsitzenden des Vereins.

Wie kam es zu der Idee, eine Selbsthilfegruppe für an Lipödem erkrankte Frauen zu gründen?

Evers Als in der Presse davon berichtet wurde, dass Gesundheitsminister Spahn einen Änderungsantrag zum Terminservice- und Versorgungsgesetz auf den Weg gebracht habe, in dem die Liposuktion (Fettabsaugung) bei Lipödem zur Kassenleistung werden solle, wurden wir auf diese Krankheit aufmerksam. Die Beschäftigung mit dieser Krankheit und ihren Folgen brachte uns schlussendlich auf diese SHG (SelbstHilfeGruppe)-Idee.

Für alle, die nicht genau wissen, was sich hinter der Krankheit verbirgt: Können Sie die kurz beschreiben?

Evers „Kurz“ beschreiben lässt sich diese Krankheit eigentlich nicht!  Es handelt sich um eine chronische (!) und im Laufe der Jahre meist fortschreitende Erkrankung des Unterhautfettgewebes. Sie betrifft ausschließlich Frauen (Männer sind lediglich betroffen, wenn sie eine ausgeprägte hormonelle Störung aufweisen) und beginnt erst nach der Pubertät. Sichtbar ist eine Vermehrung des Unterhautfettgewebes an Beinen und Gesäß, seltener auch an den Armen. Dies bedeutet, dass die betroffenen Frauen oft einen schlanken Oberkörper, aber unproportional dicke Beine haben. Im schlimmsten Fall kann durch Bildung von Fettwülsten an den Knieinnenseiten eine Beeinträchtigung beim Gehen entstehen. Die Krankheit wird in 3 Stadien eingeteilt, wobei die von der Krankenkasse bezahlte Fettabsaugung lediglich für Frauen im Stadium 3 gelten soll. Dann allerdings können etliche betroffene Frauen aufgrund der fortgeschrittenen Fettvermehrung meist schon längst nicht mehr arbeiten!

Haben Sie Schätzungen, wie viele Frauen in Ratingen und Umgebung daran leiden?

Evers Nein, Statistiken zur Häufigkeit des Lipödem sind uns nicht bekannt.

Welche Hilfestellungen wird die Gruppe den Betroffenen geben können?

Evers Zunächst einmal die grundlegende Hilfestellung durch die Tatsache, dass wir die Frauen als krank ansehen! Die häufige Diagnosestellung im Vorbeigehen: „Boah, ist die fett, die soll mal weniger (fr)essen und Sport machen“ ist für viele der betroffenen Frauen zwar ein alltäglicher Begleiter, zielführend ist so eine Äußerung allerdings nicht. Ansonsten soll die Gruppe ihre Hilfestellungen selbst erarbeiten.

Warum wird die Gruppe eigentlich unter dem Dach der Volkssolidarität gegründet? Gibt es bei Ihnen noch andere Selbsthilfegruppen?

Evers Zum einen verweise ich hier auf die Antwort zur ersten Frage. Zum anderen haben wir recherchiert, ob es in Ratingen schon eine solche Gruppe gibt. Gefunden haben wir hier keine und im Umland nur zwei in Düsseldorf. Deshalb war es für uns klar, dass wir, also die Volkssolidarität, die Initiative ergreifen, um solch eine Gruppe aufzubauen. Das wird auch unsere erste Selbsthilfegruppe sein.

Können sich auch Angehörige der Gruppe anschließen?

Evers Das ist ausdrücklich gewünscht! Wer sich mit dem Thema Lipödem beschäftigt, kommt zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass auch das private Umfeld der betroffenen Frauen, also PartnerInnen, Eltern u.a., einbezogen werden muss. Hänseleien und dumme Sprüche bekommen auch diese Personen zu hören!

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