Angedacht Leben in der Wüste

Pfarrer Ulrich Kern beschäftigt sich mit dem Leben Jesu. Die Fastenzeit lade dazu ein, neu darüber nachzudenken, was Jesus Christus einem persönlich bedeutet.

 Ulrich Kern, Pfarrer Heilig Geist in Ratingen West

Ulrich Kern, Pfarrer Heilig Geist in Ratingen West

Foto: RP/Gemeinde

Die Berichte aus der Lebenswelt von Jesus Christus, so wie sie uns Matthäus, Markus, Lukas und Johannes aufbewahrt haben, schließen mit den Sätzen: „Es gibt noch vieles andere, was Jesus getan hat. Wenn alles einmal aufgeschrieben würde – ich denke, die ganze Welt könnte die Bücher nicht fassen, die man schreiben müsste!“

Damit ist gemeint: Die Persönlichkeit des Jesus Christus ist so stark, dass Menschen bis ans Ende der Welt immer neu damit zu tun haben werden, zu begreifen, welches Gottesgeschenk dieser Mann ist.

Die nächsten 40 Tage – nach alter Tradition „Fastenzeit“ genannt –laden ein, neu darüber nachzudenken, was Jesus Christus mir persönlich bedeutet. Als Mensch unter Menschen gesandt, ruft er uns zu: „Gottes Barmherzigkeit macht dein Leben lebenswert, liebenswert.“ Diese Wochen bis Ostern laden aber auch ein, in der Lebensschule Jesu Christi meine Verantwortung für mich und für andere Menschen ernsthaft zu bedenken. Diese Verantwortung zu übernehmen, war Jesus auch bereit. Sie wird in der Bibel so beschrieben: „Zu jener Zeit wurde Jesus vom Geist Gottes in die Wüste geführt.“

Fällt nicht sofort das Wort „Wüste“ auf? Es hat noch heute einen elektrisierenden Klang. Es ist der Raum des Abenteuers und der Ferne. Unbekannte Tiere und Pflanzen, Völkerstämme von merkwürdiger Fremdheit, die diesen Raum durchziehen. Ein Sternenhimmel von überwältigender Klarheit, so klar, dass man meint, jeden Stern einzeln vom Himmel pflücken zu können; Tage, die unerträglich heiß, Nächte, die klirrend kalt sind.

Es ist eine Landschaft, in der man an sich selbst und an seinem Gott verzweifeln kann. In der Wüste sieht sich Jesus herausgefordert, einer verführerischen Stimme zu folgen. Diese rät ihm, seinen fordernden Gott zu verlassen, lieber nach leichteren Lösungen für seine Lebensfragen zu suchen.

Jesus lehnt ab: Er will es sich nicht leicht machen mit seinem Gott, trotz der Erfahrung, die auch er machen muss, dass dieser Gott sich dem Menschen rasch entzieht, sobald er sich seiner sicher fühlt.

So erweist sich Jesus Christus als wahrhaft getreuer Begleiter unseres eigenen Lebensweges der Sinn-Suche. Denn wir müssen ja nicht in die Wüste Arabiens fahren, um zu spüren, dass wir täglich unsere eigene Wüste zu bestehen haben. Und dabei nicht alleine sein möchten.

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