Heiligenhaus Landgericht: Loverboy zwingt Freundin zu Prostitution

Heiligenhaus · Es ist das Dilemma eines solchen Loverboy-Prozesses: Die Frauen wollen dem, der sie mit Rosen und Liebesschwüren in eine Beziehung gelockt und schnell in die Prostitution gezwungen hat, nicht mehr begegnen.

 Im Prozess gegen den Heiligenhauser wird das Urteil vor dem Landgericht Wuppertal für den 12. Juli erwartet.

Im Prozess gegen den Heiligenhauser wird das Urteil vor dem Landgericht Wuppertal für den 12. Juli erwartet.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Sie waren schon bei den polizeilichen Vernehmungen weinend zusammengebrochen und kämpfen beide darum, einfach nur in die Normalität des Alltagslebens zurückkehren zu können.

Dabei ist nichts mehr wirklich einfach in einem Leben der damals 18-Jährigen, die der Heiligenhauser tyrannisiert, kontrolliert und von sich abhängig gemacht haben soll. Die Weigerung, weiter für ihn anschaffen zu wollen oder auch einfach nur ein falscher Blick: Der mittlerweile 29-Jährige soll sie geschlagen, an den Haaren gezogen und ins Bordell gezwungen haben. Einer der Frauen soll er gar den Toilettengang verwehrt haben, woraufhin sie nach drei Jahren aus der Beziehung geflohen sei. Auch der zweiten Frau soll die Flucht in die Niederlande gelungen sein. Es folgten Aufenthalte in Frauenhäusern und ein Nomadenleben. „Seit sie untergetaucht ist, lebt sie in ständiger Angst vor dem Angeklagten“, ließ eine Polizeikommissarin im Zeugenstand aus. Auch die Anwältin des zweiten Opfers berichtet von Selbstmordgedanken ihrer Mandantin und davon, dass die junge Frau ihr seelisches Gleichgewicht verloren habe. Es ist daher mehr als verständlich, dass die Opfer eines solchen Geschehens die Sache hinter sich lassen und nicht mehr als Zeuginnen geladen werden wollen. So gesehen ist das Bemühen des Vorsitzenden Richters Ulrich Krege, ihnen die Aussage zu ersparen, zu begrüßen.

Und dennoch eröffnete das Fernbleiben der Frauen in diesem Prozess den Raum für drei profilierte Verteidiger, um ihren Mandanten in ein gutes Licht zu rücken. Durch die Untersuchungshaft geläutert, wolle der nach der Haftentlassung ein neues Leben beginnen. Irgendwas mit Karosseriebau und CNC-Maschinen: Genau wisse er das noch nicht. In der Zelle gebe es kein Internet, deshalb seien die Informationen noch spärlich. Und dennoch wolle er am liebsten noch im August loslegen - mit einem Lehrvertrag in der Tasche, der den Weg in den offenen Vollzug ebnen würde. „Man hat das Gefühl, das dem Täter hier nur Gutes widerfahren soll und die Opfer hinten runterfallen“, war dazu von Nebenklageanwältin Sandra Buhr zu hören.

Wie er sich - angeblich von Hartz IV lebend – dennoch üppige Anwaltshonorare leisten kann? Ob er - wie vom Gericht angenommen – Mitglied bei den Hells Angels ist? Ob ihn die Familie alimentiere? Es gab viele Fragen - und vom Angeklagten keine Antworten. Sein Geständnis hatte er durch seine Anwälte verlesen lassen - und darin genau das eingeräumt, was bereits in der Anklage stand. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Dem Gericht genügte das, um sich auf die zuvor in einem Rechtsgespräch ausgehandelte Vereinbarung festzulegen: Mindestens drei Jahre und höchstens vier Jahre Freiheitsentzug. Dort wird sich das Urteil bewegen, das am 12. Juli erwartet werden darf.

Zuvor hatte Richter Ulrich Krege nochmals klargestellt, dass man es hier nicht mit einem klassischen Fall des Menschenhandels und der Zuhälterei zu tun habe. Die Frauen seien volljährig gewesen und könnten machen, was sie wollen. Sie hätten von Beginn an gewusst, das sie der Angeklagte „auf den Strich“ habe schicken wollen. Die Prostitution sei zudem eine ganz normale Erwerbstätigkeit mit Sozialversicherungspflicht. „Wir haben es hier mit zwei erwachsenen Frauen zu tun, die sich darauf eingelassen haben“, so der Vorsitzende Richter.

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