Kreis Mettmann Urbane Sturzflut – Experten geben Tipps

Mettmann · Viele Bürger kamen, um Vorträge des Naturschutzbeirates zu diesem Thema zu hören.

 Ein Mitarbeiter des THW pumpt nach dem Starkregenereignis vom Juni dieses Jahres Wasser ab.

Ein Mitarbeiter des THW pumpt nach dem Starkregenereignis vom Juni dieses Jahres Wasser ab.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Extreme Trockenheit auf der einen, zunehmende Starkregenereignisse auf der anderen Seite: „Die Extreme potenzieren sich“, sagte Dr. Alfred Bruckhaus, Vorsitzender des Naturschutzbeirates, in seiner Einleitung zur öffentlichen Veranstaltung „Hochwasser – selbst gemacht?“ Viele Interessierte waren in den großen Sitzungssaal des Kreishauses gekommen, um die Vorträge von drei Experten zu hören und mit ihnen zu diskutieren – das Interesse am Thema ist groß.

Gert Graf-van Riesenbeck vom Ingenieurbüro Pecher aus Erkrath erläuterte den Unterschied zwischen „Urbanen Sturzfluten“ und „Hochwasser“. Während das bekannte Hochwasser große Flüsse betreffe und man ausreichend Zeit habe, sich darauf vorzubereiten, gebe es bei Urbanen Sturzfluten meist keine Vorwarnzeit. „Man weiß auch nicht, wo genau der Regen runter kommt“, berichtete er. Es gebe Berechnungen, die besagen, dass die Anzahl der Starkregenereignisse in den vergangenen 50 Jahren im Durchschnitt gestiegen sei – möglicherweise aufgrund des ebenfalls nachgewiesenen Temperaturanstiegs.

Größere Kanäle könnten keine alleinige Lösung sein, sagt van Riesenbeck. „Der Objektschutz, die Stadtentwässerung und die Stadtplanung müssen zusammen arbeiten“, ist seine Empfehlung. „Überflutungsvorsorge ist eine Gemeinschaftsaufgabe.“

Reinhard Beck vom Ingenieurbüro Beck aus Wuppertal erläuterte dazu passend, dass die bekannten Hochwasserkarten nicht weiterhelfen würden, sondern nur Gefahrenkarten, auf denen mithilfe verschiedener Berechnungen Sturzfluten-gefährdete Gebiete ausgewiesen werden. „Kleinere Bäche weisen ein viel höheres Schadenspotenzial auf.“ Der Experte empfiehlt jeder Gemeinde die Erstellung einer solchen Karte. Die Kosten seien zumutbar. Noch vor Jahren habe man gedacht, dass solche Regenfälle wie am 29. Mai in Wuppertal überhaupt nicht möglich seien. „In einer Stunde kamen 10 Prozent des gesamten Jahresniederschlages runter.“

Eine Gefahrenkarte für derartige Sturzfluten sollte bei der Bebauung von gefährdeten Gebieten Berücksichtigung finden, pflichtete van Riesenbeck ihm bei. Auch sollten die Karten für die Bürger einsehbar sein, um entsprechend vorsorgen zu können. „Gebäudeeingänge unter Straßenniveau sind zum Beispiel ganz schlecht.“

Auch die steigende Versiegelung von Flächen vergrößere das Problem. Dem stimmte auch Peter Queitsch von der Kommunal Agentur NRW zu. „Schon kleinere Versickerungsflächen zwischen Bebauung helfen.“

Kanäle mit dem Braunkohlebagger auszuheben – das sei zu teuer und technisch nicht möglich. „Die Renaturierung von Flüssen als Auenlandschaften hilft da eher weiter“, erläuterte er am Beispiel der Ruhr.

Für Hauseigentümer sei es vor allem wichtig, eine Elementarschadenversicherung abzuschließen. Ein Zuhörer machte sich Sorgen, dass Häuser in ausgewiesenen Gefahrengebieten von den Versicherungen abgelehnt werden könnten. Das sei unwahrscheinlich, so Queitsch. Eventuell müsse man mit höheren Prämien rechnen.

Eine andere Zuhörerin wollte wissen, ob es eine Verpflichtung für Kommunen gäbe, Gefahrenkarten bei Bebauungsplänen zu berücksichtigen. Eine solche Verpflichtung bestehe nicht, so die Experten. „Aber sie sollten zum Standardwerk werden und sind über Gebühren abrechenbar.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort