Ratingen Kräne und Pläne für den Stadtteil Ost

Am neuen Schwarzbach-Quartier wird intensiv gearbeitet. Und es gibt ein neues Wohnprojekt auf dem Areal der alten Maschinenfabrik.

 Die Baustelle in Ost nimmt immer größere Formen an: Das Schwarzbach-Quartier hat insgesamt sechs Baufelder.

Die Baustelle in Ost nimmt immer größere Formen an: Das Schwarzbach-Quartier hat insgesamt sechs Baufelder.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Der Stadtteil Ratingen Ost steht im kommenden Jahr vor großen Herausforderungen. Konkret geht es um den weiteren Ausbau des Schwarzbach-Quartiers (mit Büros und Hotel) und die angespannte Verkehrssituation, außerdem um neue Wohnungen auf dem Gelände der alten Maschinenfabrik.

Zunächst zum Schwarzbach-Quartier: Bei geologischen Untersuchungen entdeckten Mitarbeiter des Geologischen Dienstes NRW Anfang des Jahres fossile Knochen einer Seekuh. Ein echter Sensationsfund, wie er seit Jahrzehnten im gesamten Rheinland nicht mehr gelungen war. Vor 28 Millionen Jahren lebte das Tier hier in einem flachen, warmen Meer unter subtropischem Klima. Nach wissenschaftlichen Voruntersuchungen wurde der Fund im Herbst der Öffentlichkeit präsentiert.

Für die beiden Entdecker, die Geologen Dr. Stephan Becker und Daniel Schrijver, war es ein herausragender Moment: „Wir mussten die schlammbedeckten Fundstücke erst in einer Pfütze waschen, bevor wir erkannten, dass es sich um Seekuh-Knochen handeln könnte.“ Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland sorgte für eine zügige Bergung der Knochen und beauftragte den Geologischen Dienst NRW unter dem Aspekt der paläontologischen Bodendenkmalpflege mit den Untersuchungen des fossilreichen Fundhorizontes.

„Das Rheinland beherbergt zahlreiche, zum Teil bedeutende Fundstellen fossiler Pflanzen und Tiere, die vom Geologischen Dienst NRW in Kooperation mit dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland untersucht werden“, sagte Dr. Erich Claßen, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland. Wie der Rest der Niederrheinischen Bucht war auch das heutige Gebiet der Stadt Ratingen im Oligozän vor 28 Millionen Jahren von einem flachen Meer bedeckt. Entsprechend reich war auch die Ausbeute an kleinen Fossilien wie Muscheln, Schnecken, Seepocken und Korallen, die beim aktuellen Fund in Ratingen außer den Seekuh-Knochen aus dem sichergestellten Erdreich isoliert wurden. Auch Haizähne und Gehörsteine von Knochenfischen wurden gefunden. Das Besondere an dem Fundort im Neubaugebiet Schwarzbach-Quartier ist aber, dass er ziemlich genau am Übergang zwischen der Rheinebene und dem Bergischen Land und somit am Rheinischen Schiefergebirge liegt – also vor 28 Millionen Jahren im Küstenbereich des damaligen Meeres, wo die Seekühe – ähnlich wie ihre heutigen, wenigen Nachfahren in den Tropen – die Seegraswiesen abweideten.

In diesem Gewässer ist die Ratinger Seekuh vermutlich verendet, auf den Meeresboden gesunken und nach und nach von anderen Tieren gefressen worden. Auf den Knochen siedelten sich wohl schnell Seepocken an, nach etwa einem Jahr, so schätzte Christoph Hartkopf-Fröder, Paläontologe beim Geologischen Dienst NRW, dürften die Knochen von Sand bedeckt gewesen sein.

Der gute Zustand und die große Zahl der gefundenen Knochen machen diesen Fund zu einer Besonderheit. Laut Dr. Oliver Hampe, Spezialist für fossile Meeressäuger am Museum für Naturkunde in Berlin, sind aus dem gesamten Rheinland nur zwei weitere vergleichbare Funde bekannt.

Der erste stammt von früheren Bauarbeiten am Kreuz Kaiserberg, der zweite, aus Bottrop, liegt ebenfalls schon längere Zeit zurück. Hampe bedauerte lediglich, dass der Schädel (noch) nicht gefunden wurde.

Das zweite große Projekt in Ost neben dem Schwarzbach-Quartier hat der Rat im Grundsatzbeschluss auf den Weg gebracht: Im Bereich der ehemaligen Maschinenfabrik an der Homberger Straße entstehen rund 100 Wohnungen, davon 25 Prozent sozial gefördert. Der Standort ist verkehrstechnisch sehr gut angebunden.

Das entsprechende Bebauungsplanverfahren startete seinerzeit im Zuge der Edeka-Ansiedlung in den denkmalgeschützten Industriehallen, war dann aber abgekoppelt worden. Nun wird es unter veränderten Vorzeichen fortgesetzt. Während ursprünglich auch eine gewerbliche Nutzung vorgesehen war, soll nun ausschließlich Wohnraum geschaffen werden.

Im östlichen Bereich des Geländes sollen mehrere Gebäude entstehen, die ein Volumen zwischen 2,5 Geschossen (zum Beerenkothen hin) und vier Geschossen (zur Homberger Straße hin) aufweisen. Auch eine Quartiersgarage ist geplant.

Wegen der hervorragenden Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und die Versorgung (Supermarkt vor der Tür) soll außerdem geprüft werden, ob es in diesem Fall möglich ist, die Stellplatzvorgabe zu reduzieren. Anwohner befürchten allerdings, dass es wegen des abfließenden Verkehrs über die Straße Beerenkothen zu einem Chaos kommen könnte. Schon jetzt sei die Belastung für den Stadtteil sehr groß, „bisher war es am Beerenkothen recht ruhig“. 

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