Neue Brauchtumsglocke in Ratingen Karnevalisten feiern Gottesdienst

Ratingen · In St. Peter und Paul ging es auch um die neue Brauchtumsglocke. Die wird am nächsten Sonntag geweiht.

 Pastor Daniel Schillung (mit Birett auf dem Kopf) hielt eine Rede, die sich reimte. Links ist die neue Brauchtumsglocke zu sehen.

Pastor Daniel Schillung (mit Birett auf dem Kopf) hielt eine Rede, die sich reimte. Links ist die neue Brauchtumsglocke zu sehen.

Foto: Achim Blazy

Es war wie Weihnachten oder Ostern in St. Peter und Paul: knüppelvoll. Es gab allerdings auch mehr Rummel; denn ältere Herren mit bunten Schiffchen auf silbernem Haar schoben sich ordnend durchs Gedränge, mittelalte Damen lehnten in anmutiger Schunkellaune an den Säulen, Zwei- und Dreispitze thronten auf Häuptern, und Funkenmariechen ließen die Plisseeröckchen wippen. Es war der Jecken-Gottesdienst, und zwar der zwölfte.

Diesmal ging es nicht allein darum, Gottes Segen für eine Session und seine Güte für Spaß-Macher und -Haber herabzurufen. Diesmal wurde die so genannte Brauchtumsglocke gefeiert, die, frisch nach dem Guss, neben dem Altar stand. Wo nämlich zwei oder drei Vertreter des Sommer- oder des Winterbrauchtums in Christi Namen versammelt gewesen waren und Pastor Schilling in ihre Mitte geraten war, da musste er unbedingt nach Spenden fragen.

Nun hatte er sich für den Wortgottesdienst auch wieder eine Predigt auferlegt, die, nicht ohne Mut, voll in die Politik langte und sich durchgängig reimen sollte. In Erinnerung blieb, dass er "schmusen und Busen" zueinander fügte. Applaus.

Diesmal holte Ansgar Wallenhorst zum geschwinden Tanz über die Tasten der Orgel aus; brachte die Sacro-Hits "Lobe den Herren", "Jroßer Jott, wir loben dich" und "Danke, für (was auch immer)" zu Gehör - auch, wenn man dazu überaus willig ein Ratinger Platt mit Knubbelen vom Blatt sang. Er begleitete Leo Decker, 1996 Prinz und nun Bariton, und ließ den Cymbelstern kreisen, der da Glockengeläut simuliert.

Heinz Hülshoff sang, machte Stimmung und eilte zum nächsten Auftritt, sein Begleiter Martin Herzberg konnte musikalisch durchhalten. Die Fürbitten wurden innig gesprochen, "pater noster" auch, und bei der Kollekte zeigten die Ratinger noch einmal Herz und Portemonnaie - es knisterte mehr im Klingelbeutel als dass es klimperte. Der Schluss des Gottesdienstes ging trotz scharrender Füße fast in unendlichen Dankadressen unter. Doch - als dann die Jecken ihre in Plastik eingeschweißten Standarten in die Sonne getragen hatten, die Kinder-Tollitäten Frederik und Helene, das erwachsene Prinzenpaar Roland und Ewa und all die hübsch gewandeten Gardisten samt Damenflor die Kirche verlassen hatten, als Pastor Schilling mit Birett wie Don Camillo davon geschritten und auch das Messbuch in Sicherheit war, da kehrte Ruhe in St. Peter und Paul ein. Kein Vers suchte mehr einen Reim, keine Mutter ihr Kind. Und aus dem Glocken-Gero-Haus wurde wieder ein Gotteshaus. Am kommenden Sonntag gibt es ab 9 Uhr die Weihe der achten Peter und Paul-Glocke.

(RP)
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