Ratingen Kanal-TÜV trifft Ratingen besonders hart

Ratingen · In den Wasserschutzzonen müssen 12 600 Häuser geprüft werden. Die Stadt hat auch die übrigen Gebiete im Auge.

Ein Gang durch die Abwasser-Kanäle
17 Bilder

Ein Gang durch die Abwasser-Kanäle

17 Bilder
Foto: rpo, Lukas Felden

Hausbesitzern in Ratingen wird in die Tasche gegriffen: Das Thema Dichtheitsprüfung von privaten Kanalanschlüssen ist wieder aktuell. Bereits vor Jahren war landauf, landab heftig und zunächst erfolgreich gegen die vom Land verordnete teure Zwangsprüfung gekämpft worden. Auch in Ratingen gab es dazu Ratssitzungen und Info-Veranstaltungen. Dann wurden die Zwangsprüfungen auf Eis gelegt. Nun sollen sie wieder verordnet werden.

Den Schwarzen Peter haben dabei vor allem die Kommunen abbekommen: Sie sollen selbst entscheiden dürfen, in welchen Gebieten außerhalb der Wasserschutzzonen Kanalprüfungen stattzufinden haben. Aber allein wegen des extrem großen Wasserschutzgebietes für die Brunnen in West sei Ratingen ganz besonders betroffen, wettert der Höseler CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Wilhelm Droste. Er wollte gegen das rot-grüne Gesetz stimmen.

Klar ist nur, dass in Wasserschutzzonen die bis zu 5000 Euro teuren Dichtheitsprüfungen Pflicht werden. Egal, ob ein Verdacht vorliegt oder nicht. Die Anbieter solcher Dienstleistungen dürfen sich also auf die Schenkel hauen: Sie hatten vor Jahren viel in ihre Ausrüstung investiert — in der Hoffnung, den großen Reibach machen zu können. Auch die Bauindustrie scharrte schon in den Startlöchern. Beharrliche Lobbyarbeit hat sich jetzt offenbar ausgezahlt.

Droste verweist auf das Einzugsgebiet des Wasserwerkes Broichhofstraße: Es reiche von West über die fast gesamte Stadtmitte bis hinauf nach Eggerscheidt. In dieser Wasserschutzzone soll der Kanal-TÜV verpflichtend werden. Alle vor 1965 gebauten Häuser müssen bereits bis Ende 2015 getestet werden, für alle anderen Gebäude gilt der 21. Dezember 2020 als Stichtag.

Doch das Gesetz sei nicht konsequent, schimpft Droste: Denn bei geringfügigen Schäden müsse nicht saniert werden, bei mittleren Schäden erst innerhalb von zehn Jahren und nur bei Einsturzgefahr sofort: "Damit werden in Ratingen ohne Not tausende Eigentümer zur Kasse gebeten." Außerhalb der Wasserschutzzonen können die Kommunen selbst entscheiden: Das dürfte besonders in Ratingen wieder zu heftigen Diskussionen führen.

Denn die Stadt hatte den Kanal-TÜV nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes für nötig erachtet: Das Tiefbauamt verwies stets darauf, dass Grund- und Regenwasser in defekte Abwasserrohre eindringe und damit die Kläranlagen belaste. Daher wollte die Stadt, weil das alte Landeswassergesetz ebenfalls den Kommunen freie Hand ließ, eine wesentlich teurere Druckprüfung durchsetzen: Weil Abwasserrohre aber nicht für Überdruck gebaut sind, wäre fast jedes Rohr durchgefallen, prophezeiten Experten. In der Satzung der Stadt Ratingen wurden gezielt die Einzugsbereiche von Kläranlagen wie in Hösel am Bahnhof und am Dickelsbach in das Test-Kataster einbezogen. Betroffen sind außerdem Teile von Breitscheid-West, Lintorf, Tiefenbroich und eben Hösel. In diesen Gebieten gebe es Probleme mit Fremdwasser.

Als das Kanalgesetz neu diskutiert werden sollte, riet die Verwaltung allerdings vor einem Jahr zum Abwarten. Kurz zuvor hatte sie trotz des Protests von CDU, FDP und der Ratinger Linken am alten Fahrplan festhalten wollen. Sachverständiger Dr. Olaf Kaufmann bestätigte bei einer Info-Veranstaltung, dass in Ratingen etwa zu 80 Prozent Fremdwasser in den Kanälen fließe.

Das Tiefbauamt hatte Tests in Hösel durchführen lassen: Auch nachts im trockenen Sommer floss viel Wasser. Unklar ist aber, ob nur die privaten Kanäle kaputt sind.

(RP/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort