Ratingen Kämmerer verteidigt die Grundsteuer

Ratingen · Dezernent Martin Gentzsch: Verfolge die Diskussion um die Reform der Einnahmequelle mit Sorge.

Für Kämmerer Martin Gentzsch gibt es kein Vertun: Die Grundsteuer gehört zu den unverzichtbaren Finanzierungssäulen des städtischen Haushaltes. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet derzeit darüber, ob die für die Bemessung der Grundsteuern maßgeblichen Einheitswerte noch verfassungsgemäß sind.

Wenn das Gericht diese als verfassungswidrig einstufen würde, müsste der Bundesgesetzgeber einen neuen Maßstab ermitteln, der den Kommunen für die Erhebung der Grundsteuern zukünftig dienen müsste.

Insofern wird vom Verfassungsgericht nicht über das Aus der Grundsteuer entschieden, sondern darüber geurteilt, über welche Art und Weise die Grundsteuern zukünftig zu ermitteln sind (entweder mit den jetzigen Einheitswerten wie bisher oder über einen neuen Maßstab).

Für alle Kommunen in Deutschland stellen die Einnahmen aus der Grundsteuer eine sehr bedeutende Finanzierungssäule dar. So werden darüber die städtischen Dienstleistungen und Aufgaben für alle Bürger finanziert (zum Beispiel Feuerwehr, Kindertagesbetreuung, Schulen, Seniorenbegegnungsstätten, Sportanlagen, kulturelle Veranstaltungen und Standesamt). Im Haushalt der Stadt sind derzeit Einnahmen aus der Grundsteuer in Höhe von rund 18 Millionen Euro eingeplant. Diese werde sowohl von Wohnungseigentümern und Mietern als auch von ortsansässigen Unternehmen für Firmengrundstücke entrichtet. Unter Berücksichtigung der vom Stadtrat gerade beschlossenen Senkung des Grundsteuerhebesatzes um rund fünf Prozent muss beispielsweise in Ratingen für ein durchschnittlich großes Einfamilienhaus eine Grundsteuer von rund 475 Euro pro Jahr entrichtet werden, rechnet Gentzsch vor.

Wie wichtig auch in Ratingen die Einnahmen aus der Grundsteuer sind, belegen die aktuellen Daten aus dem vom Stadtrat gerade im Dezember beschlossenen neuen Doppelhaushalt. In den Jahren 2018 und 2019 sind bei einem Gesamthaushaltsvolumen von etwas mehr als 300 Millionen Euro pro Jahr Überschüsse von 1,4 Millionen Euro in 2018 und 0,2 Millionen Euro in 2019 einschließlich Einnahmen aus der Grundsteuer von rund 18 Millionen Euro pro Jahr eingeplant. "Die Kommunen und auch die Stadt Ratingen können somit auf die Erhebung der Grundsteuern nicht verzichten", betont Gentzsch.

Die für Immobilienbesitzer, Mieter und Gemeinden wichtige Steuer steht jedenfalls vor der größten Umwälzung seit Jahrzehnten. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe äußerte Zweifel, dass die seit Jahrzehnten unveränderte Basis zur Erhebung der Abgabe mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Die Karlsruher Richter bemängelten, dass die Einheitswerte für Grundstücke und Häuser im Westen seit 1964 bestehen und seitdem nicht angepasst worden sind.

"Zwischen 1964 und heute, da liegen Welten dazwischen", sagte Verfassungsrichter Andreas Paulus in der mündlichen Verhandlung. Mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist in drei bis vier Monaten zu rechnen.

Vizepräsident Ferdinand Kirchhof kritisierte, dass der Gesetzgeber 1964 eigentlich eine Neubewertung nach sechs Jahren vorgesehen habe. Ziel war damals, die Einheitswerte an die Wertentwicklung anzupassen.

Darauf habe der Gesetzgeber dann aber 1970 verzichtet und bis heute nicht mehr gehandelt. Damit stehe eine vergleichbare Bewertung wohl infrage, sagte Kirchhof.

Für die Gemeinden steht viel auf dem Spiel, da sie jährlich rund 13 bis 14 Milliarden Euro an Grundsteuer einnehmen.

(RP)
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