Ratingen Kämmerer kämpfen gegen neuen Soli

Ratingen · Ratingens Finanzchef Martin Gentzsch wird bei der morgigen Anhörung im Plenarsaal des Landtages eine tragende Rolle spielen.

 Ratingens Kämmerer Martin Gentzsch hält den neuen Kommunal-Soli für eine große Belastung, die die Stadt in arge Not bringen wird.

Ratingens Kämmerer Martin Gentzsch hält den neuen Kommunal-Soli für eine große Belastung, die die Stadt in arge Not bringen wird.

Foto: Blazy

Viele Dinge gehen Martin Gentzsch zurzeit durch den Kopf. Und immer wieder taucht der Kommunal-Soli in seinen Gedankenspielen auf. Längst hat dieses Schreckgespenst konkrete Konturen angenommen. Ratingens Kämmerer hat die drohende Zwangsabgabe nicht gewollt. Alle Kollegen lehnen diese finanzielle Belastung ebenfalls kategorisch ab. Absurd, unverantwortlich, ja unverschämt — so wurde die von der Landesregierung geplante Umlage immer wieder betitelt, mal intern, mal öffentlich.

Gentzsch, der unlängst in Plettenberg zum Sprecher der Kreiskämmerer bestimmt wurde, weiß um die Brisanz dieses Themas. Und ihm ist klar, dass er am morgigen Dienstag ab 13.30 Uhr im Plenarsaal des Düsseldorfer Landtages eine zentrale Rolle spielen wird. Gentzsch gehört zu den Sprechern der Arbeitsgruppe der Abundanzumlagegemeinden, die keine Schlüsselzuweisungen vom Land bekommen — also zum Kreis der Betroffenen, die erklären müssen, woher sie, salopp formuliert, die Kohle hernehmen sollen, um schwache Kommunen zu stärken.

Gentzsch wird auch für die Stadt Haan in den Plenarring steigen. Die Kommune arbeitet mit einem Haushaltssicherungskonzept, wird aber im Fall des Soli-Starts trotzdem Geld beisteuern müssen. Da werde die kritische Finanzsituation einfach komplett ausgeblendet, urteilt Gentzsch. Die Steuerkraft, so Haans Dilemma, ist höher als der fiktive Finanzbedarf. Und deshalb muss die Stadt Geld locker machen, das nur mit Hilfe von Kassenkrediten fließen kann. Gentzsch sagt klipp und klar: "Wenn selbst vermeintlich finanzstärkere NRW-Kommunen erhebliche Schwierigkeiten haben, trotz Konsolidierungsmaßnahmen die eigenen Haushalte zu finanzieren, können die Finanzhilfen nicht über Solidaritätsumlagen von NRW-Kommunen mitfinanziert werden."

Haan ist arm wie eine Kirchenmaus. Und Ratingen wird es bald ebenfalls sein, wenn der Soli mit seinen verheerenden Risiken und Nebenwirkungen kommen sollte. Schon jetzt gibt es im Etat eine Unterdeckung von rund vier Millionen Euro. Dann kommt pro Jahr (zunächst bis 2020) der Soli mit rund 8,5 Millionen Euro hinzu. Das Loch wird größer, der Druck nimmt zu, der Zwang, sich von Plänen und Projekten trennen zu müssen, wird Rat und Verwaltung mehr und mehr belasten. All dies will Gentzsch anhand konkreter Fakten belegen.

Schluss mit lustig ist schon jetzt: Die Bezirkssportanlage in Mitte für satte 6,9 Millionen Euro wäre unter heutigen Umständen nie und nimmer gebaut worden.

Zahlreiche Experten werden im Ausschuss für Kommunalpolitik dabei sein, so auch Stephan Articus (Städtetag NRW), Bernd-Jürgen Schneider (Städte- und Gemeindebund NRW), Holger Obermann (Landkreistag Brandenburg) — um nur einige hochrangige Vertreter zu nennen.

Gentzsch wird in seinem Vortrag die äußerst wackelige Soli-Architektur herausstellen: "Selbst die vermeintlich finanzstärkeren NRW-Kommunen, die eine Solidaritätsumlage für finanziell notleidende Kommunen ab dem Jahr 2014 in Höhe von rund 182 Millionen Euro pro Jahr leisten sollen, können überwiegend ihre Haushalte strukturell nicht ausgleichen."

Die Einnahmen der meisten Städte werden gar nicht mehr ausreichen, um sämtliche Ausgaben finanzieren zu können. Dies belegt eine aktuelle Meldung des Städte- und Gemeindebundes NRW, wonach 52 von 60 nachhaltig abundanten Kommunen keinen strukturell ausgeglichenen Haushalt haben und sich 17 dieser Kommunen sogar in einem Haushaltssicherungsverfahren oder im Nothaushalt befinden.

Die Lage ist also ohne die neue Abgabe schon sehr angespannt. Der Soli könne so nicht funktionieren, bilanziert Gentzsch.

(RP)
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