Ratingen Julia Neigel singt im Stadttheater

Düsseldorf · Zum Auftakt des Voices-Festivals gibt die Musikerin und Sängerin am Mittwoch, 3. November, um 20 Uhr ein Gastspiel im Stadttheater. Nach einem langwierigen Streit mit ihrer ehemaligen Band zeigt die Kämpfernatur jetzt wieder volle Bühnenpräsenz. Ein Gespräch.

Mit "Schatten an der Wand" startete Julia Neigel, 1988 noch als Jule Neigel Band, mit deutschen Popsongs eine bemerkenswerte Karriere. Für zehn Jahre landeten ihre Alben regelmäßig ganz vorne in den Charts, mehrmals wurde sie als beste deutsche Popsängerin ausgezeichnet. Dann kam der abrupte Bruch. Musiker ihrer Band hatten sie gnadenlos bei den Angaben hinsichtlich der künstlerischen Urheberschaft übervorteilt.

Den langwierigen Rechtsstreit gewann Julia Neigel, aber er hatte zur Folge, dass sich die vormals so selbstbewusste Frau zunächst in die innere Emigration zurückzog. Von Julia Neigel war so gut wie nichts mehr zu hören. Das hat sich zur Freude ihrer Fans mittlerweile grundlegend geändert. Mit dem Album "Stimme mit Flügel(n)" und ihrem Taufnamen Julia startete sie 2006 einen grundlegenden Neubeginn. Anlässlich des Voices-Festivals gibt die 44-jährige Vollblutsängerin im Rahmen ihrer Akustik-Tour 2010 ein Konzert, bei dem sie von Simon Nicholls (Flügel), Joerg Dudys (Gitarre) sowie Dalma Lima (Perkussion) begleitet wird. Der RP - beantwortete sie im Vorfeld des Konzerts einige Fragen:

Sie hatten für fast zehn Jahre, eine Ewigkeit im schnelllebigen Popgeschäft, eine Pause eingelegt. Beschleicht da nicht einen irgendwann die Angst, schlicht in Vergessenheit zu geraten?

Neigel Diese Frage hat sich für mich nicht gestellt, denn zuallererst hatte ich Probleme zu lösen. Der Streit in der Band hatte ja nicht nur eine musikalische, sondern eine private Dimension. Ich war dermaßen angewidert von dem Verhalten der Menschen, die mir lange am nächsten waren, mein ganzes Wertesystem, alles, woran ich glaubte, war massiv erschüttert worden. Das alles musste erst juristisch vollständig geklärt und dann auch noch emotional verarbeitet werden. Es hat eben seine Zeit gebraucht, bis ich wieder beginnen konnte, eigene Lieder zu schreiben.

Haben Sie während dieser Zeit nicht einmal daran gedacht, etwas ganz anderes zu machen? Schließlich gelten Sie als jemand, der mit vielen Talenten wuchern kann.

Neigel Bei allen Enttäuschungen, aber die Berufung zur Musik ist bei mir immer an erster Stelle geblieben. Das ist es, was ich auch zukünftig machen will, und ich sehe mich da noch lange nicht am Ende meiner Möglichkeiten.

Das klingt sehr nach Optimismus, aber nach dem Bruch mit der Band, wer hat da noch zu Ihnen gehalten?

Neigel Zuallererst meine Mutter, die schon früh meine Talente erkannt und gefördert hat. Bis auf zwei, drei Freunde habe ich allerdings alle sonstigen Freundschaften und Kontakte gecancelt, weil fast alles mit der Band zusammenhing und ich eine Zeit lang wirklich nicht mehr wusste, wem ich überhaupt noch vertrauen konnte. Auf privater wie musikalischer Ebene hat auch immer Peter Maffay zu mir gehalten. Für ihn hatte ich ein paar Lieder geschrieben und über ihn hielt ich noch Kontakt zur Szene, auf der ich eigentlich nicht präsent war.

Würden Sie sich als Kämpferin bezeichnen?

Neigel Diesbezüglich habe ich viel von meiner Mutter lernen dürfen. Aber ich habe auch früher Leistungssport gemacht, da entwickelt man Kampfgeist und lernt mit Niederlagen umzugehen.

2006 haben Sie ihr Album "Stimme mit Flügel(n)", ausschließlich mit Ihrem Gesang plus Klavierbegleitung veröffentlich. 2008/2009 waren Sie erneut im Studio, doch ein neues Album ist bislang nicht erschienen. Wo hakt es?

Neigel Wir haben wirklich jahrelang an den Songs, die wieder mehr zu rockigen Rhythmen tendieren, gefeilt, und tatsächlich war die Veröffentlichung für viel früher geplant. Aber wir sind jetzt fertig. Es wird ein Album, das sehr authentisch mein Lebensgefühl, bei dem ich jetzt angekommen bin, reflektiert. Ich kann zwar keinen definitiven Veröffentlichungstermin sagen, aber ich denke, dass es in absehbarer Zeit so weit sein wird.

Was darf das Ratinger Publikum bei Ihrem Akustik-Konzert erwarten?

Neigel Das Unplugged-Konzert wird sicher sehr abwechslungsreich, denn zum Repertoire gehören auch Songs, die andere geschrieben haben. Ich sehe in der Interpretation fremder Kompositionen, mit Inhalten, die nicht von mir stammen, eine spannende Möglichkeit, meine Stimmqualität weiterhin zu formen. Es soll ja musikalisch weiter gehen.

(RP)
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