Heiligenhaus Hitzbleck – ein Stück Industriegeschichte

Heiligenhaus · Die Firma August Hitzbleck und Söhne hat eine sehr lange Tradition in der Stadt – und viele bewegte und bewegende Zeiten hinter sich.

 Unverkennbar auf dem alten Industriegelände der Firma Hitzbleck war der Schornstein mitten in der Stadt. Der ist längst gesprengt, aktuell erinnert optisch nichts mehr an die alte Gießerei.

Unverkennbar auf dem alten Industriegelände der Firma Hitzbleck war der Schornstein mitten in der Stadt. Der ist längst gesprengt, aktuell erinnert optisch nichts mehr an die alte Gießerei.

Foto: Achim Blazy (abz)

Der Schornstein des Areals der Firma August Hitzbleck und Söhne hat jahrzehntelang die Silhouette der Innenstadt geprägt, verabschiedet wurde die 111-jährige Unternehmensgeschichte dann mit einem großen Knall: der Sprengung eben jenes Schornsteins im Jahr 2017.

Die gab auch den Startschuss für ein neues Kapitel auf dem Gelände, den Bau eines Nahversorgungszentrums. Das Aus des Temperguss-Betriebs lag da bereits acht Jahre zurück. Es war das Ende eines Heiligenhauser Familienunternehmens, das weiter reicht als bis ins Gründungsjahr der Firma. Denn als August Hitzbleck am 16. Januar 1899 mit dreien seiner Söhne die Firma „August Hitzbleck, Eisengießerei“ ins Handelsregister eintragen lässt, ist er mit 50 Jahren verhältnismäßig alt und sehr erfahren im Formerhandwerk. Dafür erwarben sie ein Grundstück in der Stadtmitte und bauten dort eine gut 150 Quadratmeter große Werkshalle. Bereits Augusts Vater, der Bauer Heinrich Hitzbleck, der von 1820 bis 1903 lebte, hatte in seinem Kotten in Isenbügel eine Schmiede eröffnet und schon früh eine vergleichsweise hohe Zahl an Gesellen beschäftigt. Das Wissen um das Handwerk rund um Schlüssel und Schlösser zog da bereits Kreise.

Dafür brauchte es Erfindungsgeist und handwerkliche Fähigkeiten. August, sein zweiter Sohn, erlernte die Stempelmacherei und lernte dabei auch einen bestimmten Eisenguss, den Temperguss, kennen, der zum wichtigen Standbein werden sollte. Sie erweiterten die Angebotspalette und hatten 1904 bereits 15 angestellte Mitarbeiter im Betrieb. Auch in Kriegszeiten konnten die Brüder Hermann (kaufmännische Leitung) und Ernst Hitzbleck (technische Leitung), die das Unternehmen nach dem Tod des Vaters 1923 übernahmen, die Firma ausbauen, auch wenn der Betrieb in diesem Jahr aufgrund von Materialmangel für sieben Monate hatte schließen müssen.

1937 wurden die Kapazitäten durch den Kauf der Eisengießerei Bärsch erweitert. Dort konzentrierte man sich auf den Grauguss, während es im Stammwerk den Temperguss gab. Im Zweiten Weltkrieg entstanden so große Schäden, dass die Produktion eingestellt werden musste, die britische Besatzungsbehörde erteilte aber bereits zum 1. Januar 1946 die Genehmigung zum Neustart. 1947 übernahmen Erich und Fritz Hitzbleck. In den 60er Jahren wurden hohe Investitionen getätigt: Es wurde 1962 eine Sandaufbereitungsanlage gebaut, 1967 wurde das Croningverfahren zur automatischen Kernherstellung eingeführt, 1968 wurde der erste Gasdurchstoßofen errichtet. In den 90er Jahren gab es mit über 200 Mitarbeitern einen Belegschafts-Höchststand. Es wurden in Hochzeiten bis zu 4000 Tonnen Guss pro Jahr produziert, dazu mussten täglich 350 Tonnen Formsand aufbereitet werden und etwa 60 Tonnen Flüssigeisen zur Verfügung stehen. 2009 folgte für die noch 160 Mitarbeiter starke Firma das plötzliche Aus als Folge der Wirtschaftskrise.

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