Selbsthilfe in Ratingen „Depressionen sind wie ein Strudel“

Ratingen · Symptome und Auswirkungen von Depressionen belasten nicht nur die Betroffenen, sondern auch Personen aus dem näheren Umfeld. Die Ratingerin Saskia Reuter will am Samstag eine Selbsthilfegruppe für Angehörige gründen.

 Besonders in der Coronazeit hat der Zahl der Menschen mit Depressionen zugenommen. Auch Angehörige leiden.

Besonders in der Coronazeit hat der Zahl der Menschen mit Depressionen zugenommen. Auch Angehörige leiden.

Foto: dpa/Peter Steffen

Angehörige von Menschen mit Depressionen standen bisher im Kreis Mettmann alleine da. Die Pandemie hat das Problem noch verstärkt. Mit der Gründung einer Selbsthilfegruppe soll sich das am Samstag ändern. Saskia Reuter spricht über ihre Beweggründe, eine neue Gruppe ins Leben zu rufen.

Warum eine Gruppe für Angehörige?

Saskia Reuter Nicht nur die Betroffenen selbst, die an Depressionen erkrankt sind, fühlen sich hilflos, alleine gelassen und wissen oft keinen Rat oder Ausweg mehr, sondern auch das familiäre Umfeld, wie Ehepartner oder Geschwister, leidet. Es fällt den Angehörigen schwer, diese Erkrankung wirklich zu verstehen, da von außen nicht zu sehen ist und es oft keinen erkennbaren Auslöser gibt, der das Verhalten des Betroffenen erklären würde. Daher tut es vielen Angehörigen gut, selbst auch aufgefangen zu werden und über die Sorgen um den Betroffenen zu sprechen. Das können Gespräche im Freundeskreis, ein Arztbesuch oder aber auch der Besuch einer Gruppe für Angehörige von Menschen mit psychischen Erkrankungen sein. Da es speziell für das Thema Depression im gesamten Kreis Mettmann noch keine Gruppe für Angehörige gab, wird diese Gruppe nun gegründet.

Wie erkennen Angehörige Depressionen?

Reuter Eine Depression zu erkennen ist recht schwierig, da diese sich über Jahre aufbaut und zunächst mit allgemeinen Symptomen, wie Magen-, Kopfschmerzen, Engegefühl in der Brust, Schwindel, Müdigkeit und Appetitlosigkeit einhergeht, für die keine organischen Ursachen gefunden werden können. Hauptsymptome einer Depression sind: eine gedrückte Stimmung an fast allen Tagen, vom Betroffenen selbst berichtet oder von anderen beobachtet; Interessenverlust und Freudlosigkeit an allen oder fast allen Aktivitäten; Verminderung des Antriebs und erhöhte Ermüdbarkeit, deutliche Müdigkeit schon nach leichten Anstrengungen; verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit; Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit. Halten diese Symptome kontinuierlich länger als zwei Wochen an, spricht man bereits von einer Depression.

Was können Angehörige tun?

Reuter Zunächst einen Überblick über die Situation verschaffen und versuchen ruhig zu bleiben, denn je früher diese Erkrankung erkannt wird, desto besser kann sie behandelt werden. Teilen Sie dem Betroffenen Ihre Beobachtungen ohne Vermutung zur Diagnose mit, zum Beispiel: „Ich merke, dass Du in letzter Zeit oft traurig und niedergeschlagen bist.“ Bieten Sie ihm Hilfe an und drücken auch ihre Besorgnis aus. Auf Vorwürfe oder ein Ultimatum für einen Arzttermin reagieren Betroffene selbst mit einem weiteren Zurückziehen in sich selbst. Sogenannte Selbsttests im Internet öffnen vielen Betroffenen meist von selbst die Augen, sodass der nächste Schritt der Besuch beim Hausarzt der Richtige wäre. Lehnt ein Erkrankter sämtliche Hilfen ab, gibt es Soforthilfen in akuten Krisen, wie die Telefonseelsorge oder das Infotelefon der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

Wie leiden Angehörige darunter?

Reuter Depressionen haben die Kraft, auch die Angehörigen in einen negativen Strudel zu ziehen. Sie glauben oft die Krankheit alleine in den Griff zu bekommen, was häufig scheitert. Dies löst irgendwann Hilflosigkeit und totale Erschöpfung aus, bis hin zu einem gewissen Groll, zunächst auf die Krankheit, dann aber nach und nach auch auf den Erkrankten.

Was möchte und kann diese Gruppe leisten? 

Reuter „Du bist nicht alleine“ ist das Motto für diese Gruppe. Zu erleben, dass sich auch andere Angehörige/ Familien in der Bewältigung der Depression oft unsicher oder überfordert fühlen, befreit und wirkt erleichternd. Ein offener Austausch und Verschwiegenheit stehen in dieser Gruppe an oberster Stelle. Durch Beispiele aus anderen Familien können neue Ideen und Wege zur Bewältigung der eigenen Situation gefunden werden. Zukünftig wird es auch Gastredner, wie Betroffene selbst, Psychologen und viele mehr geben.

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