Experte beim BUND So steht es um den heimischen Wald

Heiligenhaus/Niederberg · In der Kirchhalle des Diakonissen-Mutterhauses Bleibergquelle in Velbert sprach Patrick Esser auf Einladung des BUND zum Thema Wald. Er ist der Abgesandte von Wohllebens Waldakademie.

So sieht der Wald in Heiligenhaus nahe des Waldmuseums Im Paradies aus.

So sieht der Wald in Heiligenhaus nahe des Waldmuseums Im Paradies aus.

Foto: Achim Blazy (abz)

Es sterben nicht nur die Nadelbaumarten, sondern auch die Buchen in den heimischen Wäldern. Das hatte die Kreisgruppe Mettmann des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) dazu bewogen, sich mit dem Thema aus berufenem Munde zu beschäftigen. In der Kirchhalle des Diakonissen-Mutterhauses Bleibergquelle in Velbert sprach Patrick Esser zum Thema Wald.

„Er ist der Abgesandte von Wohllebens Waldakademie“, stellte BUND-Kreisvorsitzender Götz-Reinhardt Lederer den Referenten vor, der in dem 2016 gegründeten Unternehmen des bekannten Försters aus der Eifel tätig ist. „Man schützt nur, was man liebt“, beschreibt der Landschafts- und Naturschutzökologe die Grundidee und weist eine Verbindung zur Esoterik von sich: „Alles was wir machen, ist wissenschaftlich belegt.“ Tabellen und Statistiken zeigen Veränderungen bei Temperaturanstieg und Niederschlag. „Die steigende Temperatur ist ein Faktor, ein weiteres Problem ist zu wenig Regen, durch mehr Wärme steigt die Verdunstung.“

Es gibt regionale Unterschiede, der Norden Deutschlands ist stärker als der Süden betroffen. Von 1952 bis 2022 wurde eine enorme Beschleunigung beim Temperaturanstieg registriert: „Das hatten wir in den vergangenen 2200 Jahren nicht, das konnte durch Isotopenuntersuchungen nachgewiesen werden. Die Tendenz geht dahin, dass es heißer und trockener wird. Es kann auch passieren, dass das Klima kollabiert, wenn der Golfstrom versiegt, dann könnte es in Deutschland kälter werden“, so der Referent und berichtet, dass der Wald seit 1984 kränker geworden ist: „2020 war nur jeder fünfte Baum noch gesund“, so Patrick Esser und zeigt Fotos von abgestorbenen Fichtenplantagen und im Kontrast dazu von lebendigen Naturwäldern.

Vor allen die Fichte bereitet große Probleme: „Sie wächst auf Standorten, für die sie nicht geeignet ist. Nadelbäume wachsen dort, wo die Sommer kurz sind. Die Nadeln assimilieren im Winter und verbrauchen Wasser. Die Fichte hat sich dem kalten Norden angepasst, deshalb stirbt sie hier großflächig ab. 57 Prozent wird nicht willentlich geerntet, sondern wegen des Borkenkäfers und anderer Schäden“, sagt der Fachmann und verweist auf einen Förster, der bereits 1830 die Abkehr von Monokulturen forderte zugunsten von Mischwäldern. Dennoch wurde weiter Nadelholz angepflanzt, weil die Industrie nur das verarbeiten kann und dicke, alte Buchen sich kaum nutzen lassen.

Die Douglasie tauchte als „Wunderbaum“ auf, der in Trockenheit und Hitze wunderbar wächst. „Der Baum kam aus Nordamerika in ein fremdes Ökosystem. Inzwischen macht die Douglasie auch Probleme, die Schädlinge aus der Heimat sind nachgereist, aber die Feinde dieser Schädlinge sind hier nicht vorhanden. Wir brauchen keine Wunderbäume, sondern heimische Mischwälder. Wir haben nicht nur eine Baumart, sondern ein Ökosystem“, so der erweiterte Blick des Landschaftsökologen, der dafür plädiert, die Natur einfach machen zu lassen. Der Prinzip der herkömmlichen Forstwirtschaft, nachdem Zukunftsbäume freigestellt werden, damit viel Licht sie gut wachsen lässt, hat Nachteile: „Das Kronendach wird lückenhaft, es wird zu heiß und zu trocken.“

 Patrick Esser von Wohlebens Waldakademie stellte bei der BUND Kreisgruppe verschiedene Waldformen und deren Vitalität vor.

Patrick Esser von Wohlebens Waldakademie stellte bei der BUND Kreisgruppe verschiedene Waldformen und deren Vitalität vor.

Foto: Ulrich Bangert/Bangert

Patrick Esser ist sich sicher, dass  die heimischen Buchen es noch machen werden. „Wir werden sie behalten, aber nicht überall.“ Ganz wichtig ist, dass Laub verrottet und das achtsam mit dem Boden umgegangen wird. Durch Rückegassen mit schweren Fahrzeugen geht viel Boden verloren. Patrick Esser hat eine Lösung parat: „Wir müssen behutsam vorgehen und wenig Bäume rausnehmen.“ In Deutschland wird doppelt so viel Holz verbraucht wie eingeschlagen wird. „Holz hat ein sauberes Image bekommen, aber wir dürfen nachwachsen nicht mit unendlich viel verfügbar verwechseln. Die Klimabilanz für Holz ist extrem schlecht. Brennholz stammt teilweise aus unerlaubten Einschlägen und wurde über weite Strecken transportiert. Hinzu kommt der Faktor Zeit: Ein Baum benötigt 80 Jahre, bis das freigesetzte Kohlendioxid aufgezehrt ist – die Zeit haben wir nicht. Wir müssen den Umgang mit dem Wald überdenken, ein Ende von klimaschädlichen Subvention. Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte zur Holznutzung, einen Einschlagstopp für alte Wälder, die bei ihrem Wachstum Kohlenstoff speichern.“

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