Weihnachten feiern Als zu Weihnachten wieder Frieden war

Heiligenhaus · Es ist ein unscheinbares Blatt, das an das besondere Weihnachtsfest 1945 in Heiligenhaus erinnert. Liebevoll gestaltet mit einfachen Mitteln in der Druckerei E. Völker. Es gibt nur wenige Dokumente, die an den letzten Kriegswinter, die erste Friedensweihnacht und die frühe Nachkriegszeit erinnern. Sie beeindrucken bis heute.

 Weihnachten 1945  –  so sah das gedruckte Programm aus für die Feier der Schüler im alten Gasthof „Krone“.

Weihnachten 1945  –  so sah das gedruckte Programm aus für die Feier der Schüler im alten Gasthof „Krone“.

Foto: RP/Stadtarchiv Heiligenhaus

Die Überschrift ist denkbar schlicht gehalten: „Weihnachtsfeier der Heiligenhauser Schulen am 22. und 23. Dezember 1945 in der .Krone’“. Der Rand dieses Blattes ist geschmückt mit Tannenzapfen- und Glockenemblemen. Und es fehlt auch nicht der Verweis auf Seite 2: „Text der gemeinsamen Lieder umstehend.“ Die Kinder sangen nach sechs „Kriegsweihnachten“ erstmals wieder in Friedenszeiten alte Weisen: „Macht hoch die Tür“, „Es ist ein Ros’ entsprungen“, „Stille Nacht, heilige Nacht“ und „O du fröhliche“.

Das Jahresende 1945 schildert die Chronik der katholischen Volksschule Hetterscheidt in exakt 22 handschriftlichen Zeilen. So knapp die Schilderung ausfällt, so beeindruckend ist sie zugleich: „Das Ende des Jahres brachte am 21., 22., 23., und 26. Dezember 1945 den Kindern eine besondere Freude durch Veranstaltung einer großen Weihnachtsfeier im Saale der „Krone“. Dabein wurden am 23.12.45 die Kinder vermisster und gefangener Väter seitens der Gemeinde Heiligenhaus und am 26.12.45 die Kriegswaisen seitens der Besatzungstruppen reichlich beschert. Von 21.12.45 bis 3.1.1946 dauerten die Weihnachtsferien.“

Die Chronik vermittelt zugleich eine Eindruck von einem Herbst und Winter unter harten Bedingungen. „Der große Mangel an Büchern ist zum Teil auch auf den großen Mangel an Rohmaterialien zurückzuführen. Auf Anordnung der Gemeindeverwaltung wurde deshalb im November eine Altpapiersammlung veranstaltet. Wir konnten zum 25.11.45 rd. 19 kg Altpapier melden. Desgleichen mußten wir im Dezember Lumpen sammeln. Hierbei konnten wir zum 18.12.45 rd 50-60 kg Lumpen melden.“

Dazu drei Sätze zur allgemeinen Versorgungslage der Kinder: „Anfang Dezember wurde, wie jeden Winter, auch die Vitamin-Aktion wieder aufgenommen. Leider werden die Vitamine nicht in Form von Lebion-Zucker sondern von kleinen, sauer schmeckenden Tabletten verabreicht. Aber die Kinder nehmen sie doch gern, es sind eben diesmal ,saure Drops’.“

Über den Alltag in der frühesten Nachkriegszeit berichtet auch die Chronik der evangelischen Schule Isenbügel. Bereits am 29. September 1945 hatte es ein Kinderfest für die Heiligenhauser Schulen gegeben, organisiert von der englischen Besatzungsbehörde. Es gab Theater und Turnspiele. „Sodann wurden die Kinder, deren Väter im Krieg gefallen waren oder vermißt oder noch in Gefangenschaft waren, von den Engländern mit Kakao, Schokolade und Kuchen bewirtet. Es waren 19 Kinder von der ev. Isenbügeler Schule dabei. Die Bewirtung der anderen Kinder führte die Gemeinde aus.“ Am 5. November 1945 begann, fünfmal wöchentlich, die „Schulspeisung“. Es gab Suppe, Brot brachten die Kinder von zu Hause mit.

Und auch in dieser Chronik findet die Weihnachtsfeier eine besondere Erwähnung: „Am letzten Schultag des Jahres, den 21. Dezember, hatten die Schulkinder zu ihrer großen Freude seit 1935 das erste Mal wieder eine Weihnachtsfeier in der Isenbügeler Schule. Es wurden kleine Theaterspiele aufgeführt, Gedichte vorgetragen und Weihnachtslieder gesungen. Auch einige Erwachsene waren anwesend.“

 Ein Bild aus der frühen Nachkriegszeit: Familie Schwenkel, Mutter, Sohn und Tochter, vor dem geschmückten Baum.

Ein Bild aus der frühen Nachkriegszeit: Familie Schwenkel, Mutter, Sohn und Tochter, vor dem geschmückten Baum.

Foto: Achim Blazy (abz)

Sehr persönliche Erinnerungen an die erste Nachkriegsweihnacht schildert die Heiligenhauser Publizistin Ruth Ortlinghaus: „An Weihnachten 1945 kann ich mich noch ein wenig erinnern. Es war nasskalt, wir hungerten, saßen eng aneinander gelehnt und lauschten den Geschichten von Großmutter – aber wir hatten Hoffnung auf eine bessere Zukunft, suchten Trost im überfüllten Weihnachtsgottesdienst.“

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