Ratingen GSG 9 trainiert mitten in der Stadt

Ratingen · Spezialisten der Anti-Terroreinheit übten im abrissreifen Rathaus, die Aktion war laut Bürgermeister nicht genehmigt.

 Einsatzkräfte der GSG 9 bei einer Übung. Die Aktionen im abrissreifen Ratinger Rathaus liefen am Dienstag und am Mittwoch. Bürgermeister Harald Birkenkamp untersagte weitere Übungen, so auch für den gestrigen Markttag.

Einsatzkräfte der GSG 9 bei einer Übung. Die Aktionen im abrissreifen Ratinger Rathaus liefen am Dienstag und am Mittwoch. Bürgermeister Harald Birkenkamp untersagte weitere Übungen, so auch für den gestrigen Markttag.

Foto: dpa

Bürgermeister Harald Birkenkamp wählte starke Worte, die man in der Regel nur von Action-Filmen kennt. "Die haben im Sitzungssaal einfach rumgeballert", umschrieb der Verwaltungschef eine Aktion, die mitten in der Stadt für Wirbel und Aufregung sorgte.

Die GSG 9, die Anti-Terroreinheit der Bundespolizei, übte im abrissreifen Rathaus. Dass die Spezialisten anrücken würden, habe sich im Vorfeld ansatzweise abgezeichnet, erklärte Birkenkamp, zumindest gab es die Information, dass die Einsatzkräfte im Keller des alten Gebäudes trainieren wollten. "Doch eine Genehmigung habe ich nicht erteilt", betonte Birkenkamp. Der zuständige Abteilungsleiter bei der Bundespolizei habe sich inzwischen entschuldigt, erklärte der Bürgermeister auf RP-Anfrage. Dennoch: Der Diplom-Verwaltungswirt war sichtlich verärgert. "Man hätte die Aktion absprechen und besprechen müssen. Dann hätten wir sehen können, was im alten Rathaus möglich ist und was nicht. Selbst unsere Feuerwehr war nicht informiert." Fakt ist: Die Kreispolizei sei vorab über den Einsatz in Kenntnis gesetzt worden, wie Landrat Thomas Hendele gestern auf RP-Anfrage bestätigte.

Die Abrissfirma P & Z arbeitet offenbar häufiger mit der GSG 9 zusammen, denn alte, leerstehende Gebäude eignen sich für solche Aktionen. Zwei Tage lang geisterten die Elite-Kämpfer durch das leere Rathaus. Da sah man Personen in schwarzer Kampfmontur, im Gebäude gab es Detonationen, Schüsse waren zu hören. Birkenkamp untersagte prompt weitere Aktionen dieser Art vor allem im Blick auf den gestrigen Markttag mitten in der Stadt. Der Bürgermeister: "Man stelle sich vor: Der Markt ist gut besucht, und dann gibt es einen spektakulären Einsatz im alten Rathaus." Von möglicher Panik wollte er nicht sprechen, doch es hätte durchaus dazu kommen können. Jedenfalls standen am Dienstag und Mittwoch blaue Mannschaftswagen mit Kennzeichen aus dem Rhein-Sieg-Kreis auf dem Rathausvorplatz — und so mancher Passant wunderte sich über diese Fahrzeuge.

Dass die GSG 9 mit ihren Einsätzen für Wirbel sorgt und unangekündigt Einsatzlagen übt, ist nicht neu. Genau vor einem Jahr gab es auf dem Gelände der Bergischen Kaserne, nur wenige Kilometer von Ratingen entfernt, eine ähnliche Aktion — mit Folgen für die Anwohner in Knittkuhl und Hubbelrath. Erst rollten gegen 17.30 Uhr gepanzerte Spezialfahrzeuge mit vermummter Besatzung mit Blaulicht und Martinshorn über die B 7, dann stiegen Hubschrauber auf, es seilten sich vermummte Männer ab. Mehrfach wurden in der abgeschlossenen Kaserne Rauchbomben gezündet. Auf den Terrassen in der Stratenhofsiedlung wirbelte der Luftstrom der Hubschrauber die Möbel durcheinander, Kinder und Hunde gerieten in Panik. "Man hätte uns informieren müssen", sagten verärgerte Anwohner, die sich an die RP und die Leitstelle der Polizei wandten. Ein Sprecher der Bundespolizei in Potsdam bestätigte damals die Routine-Übung "einer Spezialeinheit der Bundespolizei". Nach zwei Stunden rückte die GSG 9 wieder ab.

(RP)
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