Ratingen Grüne kämpfen für mehr Datenschutz

Ratingen · Bürger müssen der Weitergabe von Daten widersprechen, sonst gibt die Stadt sie heraus. Ratsherr Pöhling ist sauer.

 Hermann Pöhling hat das Amtsblatt auf den Internetseiten der Stadt Ratingen gelesen.

Hermann Pöhling hat das Amtsblatt auf den Internetseiten der Stadt Ratingen gelesen.

Foto: Achim Blazy

Auf einen seiner Meinung nach wenig bürgerfreundlichen Umgang mit Bürgerdaten durch die Stadt Ratingen machte jetzt Grünen-Ratsherr Hermann Pöhling aufmerksam. Nur im neuesten Amtsblatt sei nachzulesen, dass man widersprechen müsse, sonst gebe die Stadt sie heraus. Doch das Amtsblatt, so Pöhling, lese doch fast niemand.

Er aber hat die neueste Ausgabe studiert und ist als langjähriger IT-Experte prompt über die Bekanntmachung mit der Überschrift "Weitergabe persönlicher Daten" gestolpert. Kurz gesagt, geht es darum, dass Meldebehörden grundsätzlich auch Daten automatisiert übers Internet weitergeben dürfen — es sei denn, der Bürger hat dem zuvor widersprochen.

Pöhling fände es bürgerfreundlicher, wenn der Bürger zuvor um Erlaubnis gebeten würde. Es geht bei den frei abrufbaren Daten zwar nur um Familienname, Adresse und möglichem Doktortitel: Doch Pöhling weiß als Fachmann, dass das sogenannte Data Mining, also das Graben hinter den Daten, mittlerweile ziemlich ausgefeilt ist.

Immerhin betonte Frank Meißner vom Bürgerbüro, dass seit 30 Jahren keine Daten mehr an Adressbuchverlage herausgegeben würden. Wer darf noch Auskunft verlangen? Zum Beispiel Parteien vor Wahlen sowie Antragsteller von Bürgerbegehren, die massenweise Adressen bestimmter Jahrgänge haben wollen. Das lässt das Meldegesetz NRW zu. Dem jedoch kann man schriftlich widersprechen. Alters- und Ehejubiläen dürfen (auch an die Presse) ohnehin nur herausgerückt werden, wenn die Betroffenen zuvor ihre Zustimmung gegeben haben.

Kaum jemand weiß aber, dass Meldebehörden einfache Auskünfte auch im Wege des "automatisierten Abrufs über das Internet" erteilen. "Erst wenn die Identität des Betroffenen eindeutig festgestellt worden ist, wird die Auskunft erteilt. Mitgeteilt werden nach § 34 Abs. 1 MG NRW der Vor- und Familienname, Doktorgrad und die Anschrift einer Person", heißt es im Amtsblatt. Und: "Die Betroffenen haben das Recht, dem Abruf einer einfachen Melderegisterauskunft über das Internet zu widersprechen." Das muss schriftlich dem Bürgermeisterbüro mitgeteilt werden. Es wird aber darauf hingewiesen, dass durch den Widerspruch nur Auskünfte im automatisierten Abruf über das Internet erfasst werden. Alle anderen Auskünfte (nach § 34 Abs. 1 MG NRW) werden durch den Widerspruch nicht berührt und erfolgen weiterhin. Meißner erklärte, die Stadt derzeit nur mit einem Unternehmen einen Vertrag habe, das für Post, Deutsche Bank und AOK automatisiert online nach Adressen frage. Meist gehe es darum, Adressen von säumigen Zahlern zu finden. Hat der Bürger widersprochen, müsse das Unternehmen eine schriftliche Anfrage stellen, dann gebe es trotzdem die Info. Die Widerspruchsmöglichkeit in Sachen Internetabfrage sei nur eingeführt worden, weil es eben große Bedenken der Bürger bei solchen Verfahren gebe.

Auch Privatpersonen können also Auskunft verlangen. Beispielsweise bei Klassentreffen, so Meißner. Auch dort gelte: Es müsse gezielt nach bestimmten Personen gefragt werden. Eine Auskunft im Bürgerbüro koste pro gesuchter Person sieben Euro. Online-Abfragen von vertraglich autorisierten Unternehmen dagegen nur vier Euro. Etwa 700 bis 900 Anfragen nach Adressen gebe es jährlich, so Meißner. Da spare die Online-Abfrage erheblichen Personalaufwand.

Pöhling fordert, dass die Stadt überhaupt keine Daten herausrückt: "Auch wenn es sich derzeit nur um relativ simple Daten wie Namen und Adressen handelt."

(RP)
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