Ratingen. Forschende Autorin im Medienzentrum

Ratingen. · Erika Münster-Schröer leitet Stadtbücherei und Archiv - und findet trotzdem Zeit für ihre wissenschaftliche Arbeit.

Dr. Erika Münster-Schröer ist ein verdammt schlaues Haus. Sie ist zudem eine liebenswürdige und offene Person, bemerkenswert aktiv und stets am Puls der Zeit. In städtischen Diensten leitet sie das Ratinger Stadtarchiv (seit 1995) und das Medienzentrum (seit 2007). Und wenn man ihre Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Archiv dazu zählt, dann hat sie die Silberhochzeit mit ihrem Lieblingsbereich in der Stadtverwaltung schon hinter sich gebracht. Die mit ihrem Ehemann Dr. Norbert Schröer steht kurz bevor.

Um die Lebensdaten zu komplettieren, die gerne befeiert werden, kann man auch noch vom 60. Geburtstag Ende des Monats sprechen. Klar: Sie wurde im Zeichen des Löwen geboren. Sie schafft was weg, sie ist immer neugierig und reißt ihre Umgebung mit. Das zeigte sich schon früh: Ihre Familie war aus Ostpreußen nach Niedersachsen geflüchtet. Geboren ist Erika Münster in Ostercappeln, einem Ort mit wahrlich schönem Namen, ist aufgewachsen in Brockhausen, was heute ein Ortsteil von Bad Essen bei Osnabrück ist.

Da gab es zwei jüngere Brüder, da gab es eine Zwergschule mit zwei Klassen für sämtliche Jahrgänge. Da gab es aber auch ein Kind mit vielen Fragen und ungestümem Gemüt. Die Großmutter kümmerte sich sehr um das Mädchen, gab letztlich den Anstoß zum Besuch des Gymnasiums in Melle, einer Stadt, die heute halb so groß wie Ratingen ist. Aber damals war sie riesig groß - vor allem für ein elf Jahre altes katholisches Mädchen, das offenbar als einziges aus dem Dorf den höheren Bildungsweihen entgegen strebte. Auch die Eltern hielten ein Investment in Bildung für sehr richtig. Und die ganze Familie achtete darauf, dass zu Hause Hochdeutsch geredet wurde.

Das wissbegierige Kind machte 1974 das Abitur und begann ein Volkswirtschafts-Studium in Kiel. Was doch nicht wirklich der richtige Weg war. Es schloss sich ab 1975 in Düsseldorf ein weiteres Studium an: Germanistik, Geschichte, Philosophie und Erziehungswissenschaften. 1980 stand das erste Staatsexamen fürs Lehramt Gymnasium an, dann folgten zwei Jahre Referendariat am Arndt-Gymnasium in Krefeld. 1982 absolvierte Erika Münster zwar das zweite Staatsexamen, fand aber keinen Platz im Schuldienst.

Auch sie gehört zu der Spezies Menschen, die keinesfalls aufgeben. So wurde sie freie Autorin für einen Schulbuch-Verlag, verdingte sich bei der Essener Volkshochschule und bei einem Bildungsverein in der Ruhrmetropole. Und ging die Promotion an. Die war 1991 geschafft. Damals hatte sie schon ihr berufliches Heil als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Stadtarchiv gefunden, kam - wie noch heute - tagtäglich aus Essen zur Arbeit. Und damals war sie mitverantwortlich dafür, dass Andrea Töpfer, heute Kulturamtsleiterin, Vorsitzende des Heimatvereins wurde. Sie sagt: "Wir haben eine ganz besonders vertrauensvolle Beziehung, bis heute".

Apropos Arbeitsstätte: Erika Münster-Schröer, die - wie man so nett sagt - Technik-affine Frau, steckt natürlich dahinter, dass der Nutzer der Bücherei einen Zugang zum Internet hat, einmal an mehreren Computern, dann aber auch noch per W-Lan. Was andernorts allenfalls versprochen wird. "Als ich zu meiner Arbeit im Archiv die Leitung des Medienzentrums übernommen habe, konnte ich vom profunden Wissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren. Ich halte es ohnehin für sehr wichtig, diese Kenntnisse zu wertschätzen. Sie sind ungemein wichtig für eine gute Zusammenarbeit".

Erika Münster-Schröer hält es darüber hinaus für wichtig, dass man bei aller Begeisterung für den Beruf, die ihr wirklich anzusehen ist, sich dennoch nicht von ihm auffressen lässt. "Feierabend ist eben Feierabend". Nun findet sie seit Jahren dann auch Zeit, als ehrenamtliche Lehrbeauftragte an der Uni Duisburg-Essen am Lehrstuhl für Frühe Neuzeit Studenten schlauzumachen. Irgendwie ist auch das ihr Ding, kann sie doch so fesselnd erzählen und schreiben, dass die Zuhörer sich mitten im historischen Geschehen wähnen.

Und jetzt, bei sengender Sonne, setzt sie durchaus kokett den eleganten Strohhut aufs Haupt und eilt auf schnellen Schuhen durch Ratingen. Sie liebt diese Stadt, ihre Menschen und auch die Mundart. Na da sieh mal einer an.

(gaha)
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