Lokale Wirtschaft Firmen können mit Kinderbetreuung punkten

Schichtdienste machen flexible Arbeitszeiten schwierig. Doch es gibt andere Möglichkeiten, Mitarbeiter zu unterstützen.

 Die Junior-Welt in Velbert wurde 1996 auf Initiative der Wirtschaftsjunioren Niederberg gegründet.

Die Junior-Welt in Velbert wurde 1996 auf Initiative der Wirtschaftsjunioren Niederberg gegründet.

Foto: RP/Stefan Mülders

Im produzierenden Gewerbe, wo überwiegend im Schichtbetrieb gearbeitet wird, stehen gerade klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) vor besonders großen Herausforderungen, wenn es um mitarbeiterfreundliche Regelungen geht. Flexible Arbeitszeiten sind kaum anzubieten und im Zuge familienfreundlicher Regelungen sind bei Betreuungsangeboten für den Nachwuchs auch schnell Grenzen erreicht. Doch genau hier können die Betriebe ansetzen, möglicherweise auch in Kooperation mit anderen KMU.

Dabei fangen die Möglichkeiten schon im kleinen Rahmen an. „Gerade bei IT-Unternehmen im Kreis Mettmann ist die Möglichkeit der Ferienbetreuung für Mitarbeiterkinder sehr beliebt“, sagt Leonora Fricker vom „Kompetenzzentrum Frau und Beruf Düsseldorf/Kreis Mettmann“ (Competentia NRW) und spricht damit die Diskrepanz zwischen Urlaubstagen und Ferientagen an. „Die Betreuung von Kindern ist ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterbindung und das nicht nur bei denen, die selbst Kinder haben. Alle Maßnahmen eines Unternehmens haben eine Strahlkraft für alle Mitarbeiter.

Die Möglichkeiten, Betreuungsangebote für Mitarbeiterkinder anzubieten, sind durchaus vielfältig. „Der Weg zu einer eigenen Betriebskita ist ein langwieriger Prozess“, sagt Dorothea Körfers, Leiterin von Competentia NRW. „Der Bedarf muss genau geprüft werden und das nicht nur auf kurze Sicht, sondern langfristig. Dabei spielen auch die Altersstruktur in der Belegschaft und das Geschlechterverhältnis eine Rolle.“ Das Erkrather IT-Unternehmen Timocom, auch 2019 wieder von Mitarbeitern unter die Top-Arbeitgeber gewählt, sorgt beispielsweise in der Stadt für den Bau einer neuen Kindertagesstätte, in der Plätze für Kinder der Mitarbeiter bereitgehalten werden. In die Kita „Timos Fuchsloch“ werden drei Millionen Euro investiert. Sie bietet ab Sommer 2020 Platz für 75 Kinder von null bis sechs Jahren. Die Außenanlage soll über Kletterspiele, Sandkästen und eine Bobbycar-Bahn verfügen. Der Timocom-Geschäftsführer ist selbst Vater und kennt daher die Ansprüche an ein erfülltes Familienleben sehr gut. Entsprechend stark setzt sich die Unternehmensführung für ihre mehr als 500 Mitarbeiter ein – unter anderem in Form von Eltern-Kind-Büros oder umfangreichen Home-Office-Optionen.

Competentia NRW legt derzeit speziell für den Kreis Mettmann ein Projekt zur betrieblich unterstützten Großtagespflege auf. Vor allem KMU können sich über die Vorteile informieren und herausfinden, ob auf diesem Weg Beschäftigen möglich wird, früher aus der Elternzeit an den Arbeitsplatz zurückzukehren. In einer Großtagespflege können bis zu neun U3-Kinder betreut werden, durch die betriebliche Organisation und Mitgestaltung ist eine Anpassung der Öffnungszeiten an Schichtdienste möglich. Die Broschüre dazu befindet sich gerade in der Erstellung.

Schon vor 23 Jahren ist in Velbert die „Junior-Welt“ auf Initiative der Wirtschaftsjunioren Niederberg entstanden. Hier sind für die Kinder der Mitglieder des Vereins junger Führungskräfte und Unternehmer Plätze vorgehalten. Idee war 1996, ein soziales und gleichermaßen wirtschaftsförderndes Projekt zu schaffen und gleichzeitig eine gemeinschaftliche Alternative zu einem Betriebskindergarten zu haben, den sich KMUs in der Regel nicht leisten können. Der Trägerverein finanziert sich aus Fördermitteln, den Betriebskostenanteil der beteiligten Firmen und Mitgliedsbeiträgen. 1998 wurden die Wirtschaftsjunioren Niederberg für das Projekt mit dem Bundespreis für Gesellschafts-, Wirtschafts- und Sozialpolitik ausgezeichnet.

 Das Competentia-Team (v.l.): Kristina Fix-Schierbaum, Johanna Torkuhl, Dorothea Körfers, Leonora Fricker, Valerie Bauer und Andrea Lützenkirchen.

Das Competentia-Team (v.l.): Kristina Fix-Schierbaum, Johanna Torkuhl, Dorothea Körfers, Leonora Fricker, Valerie Bauer und Andrea Lützenkirchen.

Foto: RP/comüpetentia nrw

Egal ob eigene Betriebskita, Verbund-Kita, Buchung von Belegplätzen oder die Teilübernahme von Betreuungskosten: Auch für KMU im produzierenden Gewerbe ist es angeraten, den Mitarbeitern entsprechende Angebote zu machen. „Studien haben gezeigt, dass ausreichende Betreuungsangebote und die Erwerbstätigkeit von Frauen direkt zusammenhängen“, sagt Leonora Fricker. „Und der Kreis Mettmann scheint hier noch ein wenig Nachholbedarf zu haben.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort