Jan Heinisch "Es droht Streit zwischen NRW-Städten"

Ratingen · Der CDU-Kreisvorsitzende beklagt "Abhängigkeit der Gemeinden von der Gewerbesteuer". Der "Kommunal-Soli" helfe nicht.

 Der CDU-Kreisvorsitzende Jan Heinisch ist sicher: "Der Kommunal-Soli" kann das Problem der Kommunalfinanzen insgesamt nicht lösen.

Der CDU-Kreisvorsitzende Jan Heinisch ist sicher: "Der Kommunal-Soli" kann das Problem der Kommunalfinanzen insgesamt nicht lösen.

Foto: Achim Blazy

59 steuerstarke Kommunen im Land unterstützen per "Kommunal-Soli" 27 finanzschwache Gemeinden. Auf welchem Weg wird eine finanzschwache Stadt im Kreis Mettmann — wie Heiligenhaus — von dieser Idee profitieren?

Heinisch Die einzige Stadt im Kreis Mettmann, die in gewissem Umfang Gelder vom Land empfangen soll, ist Velbert. Auch Heiligenhaus hat sehr große finanzielle Probleme und bekommt dennoch nichts. Schon daran zeigen sich Unschärfe und Untauglichkeit dieses Systems einer Zwangsumlage.

Ist es möglich, ungleiches Steueraufkommen auf dem Weg eines "Soli" zu nivellieren?

Heinisch Eine solche Zwangsabgabe kann das Problem der Kommunalfinanzen insgesamt nicht lösen. Es ist ja eigentlich auch nicht problematisch, dass manche Städte mehr einnehmen als andere. Dafür haben sie vielleicht auch andere Kostenapparate, die sie finanzieren müssen. Von der Landeshauptstadt Düsseldorf erwartet man zum Beispiel eine andere Opernlandschaft als vom Kreis Mettmann. Das Problem liegt darin, dass so gut wie alle nordrhein-westfälischen Städte insgesamt einfach viel zu wenig Geld haben. Da gibt es höchstens Mangel zu nivellieren.

Das Aufkommen an Gewerbesteuer — Haupt-Einnahmequelle der Kommunen — richtet sich auch nach schwer beeinflussbaren Standortfaktoren. Schafft der "Soli" nicht auch ein Stück Gerechtigkeit da, wo Stadträte und Wirtschaftsförderer wenig ausrichten können?

Heinisch Die Abhängigkeit von der Gewerbesteuer ist in der Tat ein Problem. Dennoch ist es wichtig, dass Städte motiviert werden, sich um Gewerbeansiedlungen zu kümmern und etwas für ihre Standortfaktoren zu tun. Das kommt schließlich im Großen dann auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland zugute. Was wir bräuchten, ist eine größere finanzielle Grundausstattung und weniger die totale Abhängigkeit von der Gewerbesteuer.

Welche Alternative zum Kommunal-Soli brächte Nehmer-Kommunen schnelle Hilfe in finanzschwachen Zeiten?

Heinisch Nicht alle Kommunen in Deutschland sind so schlimm dran wie in Nordrhein-Westfalen. Das Problem der Kommunalfinanzen kennt man in dieser Massivität andernorts nicht. Die Städte in Süddeutschland entschulden sich sogar tendenziell — die Heiligenhauser Partnerstadt Zwönitz in Sachsen ebenso. Daran zeigt sich, dass wir gerade auch hier in Nordrhein-Westfalen nach einem Lösungsansatz suchen müssen. Die Kommunen brauchen insgesamt mehr Geld vom Land, wenn sie so viele Aufgaben erledigen sollen. Über den Soli Geld umzuverteilen, das sowieso schon nicht reicht, hilft da nicht.

Wie wird die Verteilung zwischen Gebern und Nehmern im Kreis Mettmann aussehen - und was folgt daraus für interkommunale Zusammenarbeit?

Heinisch Die Umverteilung erfolgt nicht innerhalb des Kreises. Das meiste Geld aus den Zahler-Kommunen wird den Kreis Mettmann verlassen, also nicht den Nachbarstädten, sondern zum Beispiel dem Ruhrgebiet zugutekommen. Die Städte dort werden sich dafür natürlich nicht beim Kreis Mettmann, sondern bei der Landesregierung bedanken. Insofern befürchte ich keine Streitigkeiten innerhalb des Kreises, wohl aber allgemein unter den Kommunen in NRW. Wie zum Beispiel kann sich Essen mit Geldern aus dem Kreis Mettmann einen Neubau seines Fußballstadions gönnen, obwohl sein Verein in derselben Liga wie die SSVg Velbert spielt? Das schafft zu Recht Missgunst.

Kann der Kreis als Kommunalaufsicht die Haushalte der Städte auf Dauer im Blick behalten und kontrollieren?

Heinisch Der Kreis ist meines Erachtens dazu bestens in der Lage. Allerdings kann es weder aus Sicht des Kreises noch der Kommunen sinnvoll sein, dass ständig alle Städte wegen der Finanzprobleme unter seiner vertieften Aufsicht stehen müssen. Das gewünschte System sieht ja nun eigentlich so aus, dass der Kreis natürlich die Aufsicht führt, aber nicht wie bei einer Nothaushaltskommune für jeden Euro gefragt werden muss.

Sehen Sie die Haushalts-Autonomie der einzelnen Gemeinden gefährdet?

Heinisch Die Autonomie hört für mich da auf, wo man keine Entscheidungsspielräume mehr hat, weil man nur noch konsolidiert oder die absolut notwendigen Pflichtaufgaben erledigt. Diesen Zustand haben wir in vielen Städten mittlerweile erreicht, auch wenn sie — rein juristisch betrachtet — noch selbständig wirtschaften.

PAUL KÖHNES STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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