Ratingen Eltern kämpfen um Comenius-Schule

Ratingen · Pflegschaftsvorsitzende Barbara Wolfbauer fürchtet: Inklusion gefährdet das erfolgreiche Förderschul-Angebot.

 Barbara Wolfbauer sammelt Unterschriften und Erfahrungsberichte von Eltern, die mit der Comenius-Schule ähnlich gute Erfahrungen machen wie ihr Sohn Simon (9).

Barbara Wolfbauer sammelt Unterschriften und Erfahrungsberichte von Eltern, die mit der Comenius-Schule ähnlich gute Erfahrungen machen wie ihr Sohn Simon (9).

Foto: Achim Blazy

Was Simon (9) über seine Lehrer an der Comenius-Schule denkt, kommt deutlich und verschmitzt rüber: "Manchmal sind sie ein bisschen streng — macht aber nix", sagt er. Vor allem das Lesen macht ihm Spaß. Und Pläne für die Zukunft hat er auch: "Ich will am liebsten Feuerwehrmann werden", verkündet er strahlend. Während für ihn also schon vieles klar ist, macht sich seine Mutter Barbara Wolfbauer Sorgen um den Erhalt der Lintorfer Förderschule. Sie ist dort seit diesem Schuljahr Pflegschaftsvorsitzende.

 Die Zukunft der Lintorfer Förderschule ist ungewiss. Die Frage ist, wie im kommenden Schuljahr neue Inklusionsangebote angenommen werden.

Die Zukunft der Lintorfer Förderschule ist ungewiss. Die Frage ist, wie im kommenden Schuljahr neue Inklusionsangebote angenommen werden.

Foto: Blazy, Achim (abz)

"Alle wissen, dass es mit etwa 85 Schülern eine sehr kleine Schule ist, deshalb gibt es ja Gerüchte um die Schließung schon seit Jahren." Die Befürchtung konkretisiert sich, zumal viele Förderschulen durch ein neues Schulwahlrecht vor dem Aus stehen könnten. Vom kommenden Schuljahr an haben Eltern die Möglichkeit, Kinder mit besonderem Förderbedarf an einer Förderschule oder für eine Inklusionsklasse an einer Regelschule anzumelden.

Mit ihren Versuchen, Genaueres zu erfahren, ist Wolfbauer bisher kaum auf offene Ohren gestoßen. "Es gibt eigentlich nur eine Zahl. Schulen mit weniger als 144 Schülern sollen geschlossen werden", so ihr Kenntnisstand. Die Frage sei nur, wann dieser Zeitpunkt gekommen sein könnte. Auf erste Briefe an die Vertreter der Parteien am Ort seien hierzu keine Antworten gekommen.

Nur so viel: Für Erhalt oder Schließung der Comeniusschule sei letztlich der Schulträger, also die Stadt Ratingen verantwortlich, erfuhr sie aus der Kreisverwaltung. "So schön sich der Inklusionsgedanke in der Theorie auch anhören mag, so wenig scheint er in der Praxis umsetzbar", schreibt Wolfbauer in ihrem Brief. Und: "Wir mussten feststellen, dass die Beschulung im Rahmen der Inklusion nicht für jedes Kind ausreichend ist."

So habe ihr Sohn die Regelgrundschule — dort gibt es Inklusion im Probestadium — nach zwei Jahren verlassen, er kam mit dem Zusatzangebot nicht zurecht. Mit dieser Erfahrung steht Wolfbauer nicht allein. Das belegen Briefe von Eltern, die über die Schullaufbahn ihrer Kinder berichten.

An der Comenius-Schule kommt Simon gut zurecht. Hier arbeiten in den zusammengelegten Klassen eins bis vier zwei Lehrer mit je zwölf Kindern. "Das ist ein Personalschlüssel, mit dem keine Inklusionsschule wird dienen können", so Wolfbauers Befürchtung.

Ein dickes Fragezeichen setzt sie hinter das Argument, Inklusion verhindere "Ausgrenzung" von Schülern mit Lernschwächen: "Für viele Kinder bedeutet der Besuch einer Förderschule nicht Ausgrenzung, sondern eine ihrer Entwicklung und ihren Fähigkeiten angemessene Förderung durch geschultes und erfahrenes Lehrpersonal", heißt es weiter in ihrem Schreiben an die Politiker aller Parteien.

Dass der Abschluss der Förderschule nach der zehnten Klasse keine Sackgasse ist, zeige die Erfahrung des vergangenen Schuljahrs: "20 Schüler haben die Schule verlassen — und jeder hatte eine gesicherte Perspektive für sich — ob nun Ausbildung oder weiterer Schulbesuch", sagt die Pflegschaftsvorsitzende.

(RP)
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