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Heiligenhaus Ein Familiengeschichte aus Heiligenhaus

Heiligenhaus · Luise Jacobs hat ein zweites Buch geschrieben. In der Stadtbücherei erzählte sie die Geschichte ihrer jüdischen Familie in der NS-Zeit.

 Luise Jacobs, gebürtige Heiligenhauserin, hat den Leidensweg ihrer Familie während der NS-Zeit niedergeschrieben.

Luise Jacobs, gebürtige Heiligenhauserin, hat den Leidensweg ihrer Familie während der NS-Zeit niedergeschrieben.

Foto: Achim Blazy

"Wird man es irgendwann leid, die eigene Familiengeschichte zu erforschen, wenn man auf so viel Schreckliches trifft?", fragte eine Schülerin die quirlige Frau, die vor einem gespannt lauschenden Publikum steht. "Nein", sagte Luise Jacobs, "ich will weiter suchen und alles genau wissen." Luise Jacobs war drei Jahre alt, als sie mit ihren zwei Geschwistern und ihrer Mutter erleben muss, wie ihr Vater, Artur Jacobs, in der Nacht von den 5. auf den 6. Dezember 1936 aus ihrem Haus an der Albert-Kiekert-Straße abtransportiert wird. "An diesem Tag marschierte der Krieg in unsere Familie ein", schreibt sie.

Artur Jacobs ist Jude, beliebt in der Stadt und er ist "der Mann mit Hut", der Namensgeber von Luise Jacobs' zweiten, nun in Deutschland erschienenen Buches. Das stellte sie am Freitag im Lesecafé im obersten Stockwerk der Stadtbücherei vor und sprach über das Schicksal ihrer Familie vor vielen Zuschauern, darunter vor allem viele Schüler. Deren Teilnahme erfreute die Autorin ganz besonders: "Ich hoffe, dass viele Schüler das Buch lesen, damit sie erfahren, was damals hier passiert ist." Artur Jacobs war Spross von Luise und Salomon Jacobs, die schon vor der Jahrhundertwende in Heiligenhaus siedelten und eine Klempnerei hatten. Das Paar jüdischen Glaubens hatte sechs Kinder. Eines stirbt noch im Kindesalter, die anderen fünf Geschwister fallen dem Holocaust zum Opfer. Artur Jacobs' Kinder, die katholisch getauften Klaus, Luise und Leni, überleben in den Niederlanden, wo Luise Jacobs noch heute mit ihren Kindern und Enkeln lebt. "Es heißt, wir seien emigriert. Aber das ist ein Nazi-Begriff. Wir wurden aus unserer Heimat verjagt", sagte Luise Jacobs in ihrer emotionalen Begrüßung zur Lesung ihres nach "Mord in Schloss Hartheim" zweiten Buches. Und sie betont: "Niemand, der hier sitzt, trägt Schuld an dem, was passiert ist. Doch jeder trägt die Verantwortung, nicht zu vergessen, was passiert ist."

Bereits 2011 ist das Buch in den Niederlanden erschienen, unter dem Titel "Die Gaskammer von Schloss Hartheim", der Klartext Verlag hat nun die Übersetzung herausgebracht. Dessen Sachbuch-Schwerpunkt liegt auf regionaler Thematik. "Die deutsche Geschichte wird mit klarem regionalen Bezug erzählt", sagte Verlagschef Ludger Claßen. Nur über den ursprünglichen Titel des Buches sei diskutiert worden. "Aber nur fünf Minuten", wirft Luise Jacobs ein. "Erzählt wird schließlich eine Geschichte vom Leben."

"Der Mann mit dem Hut - Für Artur Jacobs begann der Holocaust 1936 in Heiligenhaus" ist soeben im Klartext-Verlag erschienen (17,95 Euro).

(sade)
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