Stolpersteine Heiligenhaus Drei Stolpersteine gegen das Vergessen

Heiligenhaus · Gestern wurden im Hefelmann-Park drei Stolpersteine verlegt. Sie gedenken der Morde an Siegmund, Hildegard und Günter Oss. Alle drei Familienmitglieder starben am 22. April 1942.

 Drei Stolpersteine erinnern am Haus Hefelmann an die Familie Oss, die dort lebte.

Drei Stolpersteine erinnern am Haus Hefelmann an die Familie Oss, die dort lebte.

Foto: Achim Blazy (abz)

Leubeck 31, das war die letzte selbstgewählte Adresse des Bäckers Siegmund und seiner Frau Hildegard Oss, geborene Herz, in Heiligenhaus. In dem kleinen Fachwerkhaus, das den Namen „Haus Hefelmann“ noch bis zum Ende des Jahrtausends tragen sollte, lebte die Heiligenhauser Familie jüdischen Glaubens, in den 30er Jahren mit ihrem Sohn, dem kleinen Günter.

Siegfrieds Vater Semmy ist Ehrenmitglied im Männergesangverein Frohsinn, andere Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft, wie Salomon Jacobs sind Gründungsmitglieder der Freiwilligen Feuerwehr. „Es existieren viele Dokumente über das unkomplizierte und selbstverständliche Zusammenleben damals.“

Gestern erinnerte Bürgermeister Michael Beck daran, wie gut das Zusammenleben zwischen Menschen jüdischen und christlichen Glaubens einst funktionierte – bis die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Auch Familie Oss wird verfolgt und flieht aus ihrer aller Geburtsstadt Heiligenhaus in Richtung Essen. „Die Mutter und das junge Kind kamen ins Essener Judenhaus“, weiß Ruth Ortlinghaus zu berichten. Doch die drei wurden deportiert und landeten in der Durchgangsstation des Ghettos Izbica, südöstlich der polnischen Stadt Lublin. Dort starben Hildegard, geboren am 9. April 1907, Sigmund, geboren am 5. Februar 1908, und Günter (geboren am 12. Januar 1936) am 22. April 1942. „Der gemeinsame Todestag deutet auf gemeinsame Tötung hin, zum Beispiel durch Gas“, schreibt Forscher Rainer Köster in seinem Buch „Ewig kann‘s nicht Winter sein ...“

Seit gestern erinnern nun drei neue Stolpersteine im Hefelmann-Park an das Schicksal der kleinen Familie. In kleiner Runde, mit Vertretern beinahe aller im Rat vertretenen Parteien wurden die drei Steine gestern in den Weg vor dem noch bestehenden Fachwerkhaus in den Boden eingelassen und der Opfer des Naziregimes gedacht.

Ein nicht zufällig gewählter Termin, wie Kulturausschuss-Vorsitzender Thomas Pischke sagt: „Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, kurz VVN, hat den 12. September zum Gedenktages der Opfer des Faschismus ausgerufen.“ Pandemiebedingt war der Künstler Gunter Demnig, Initiator der Stolperstein-Aktion nicht vor Ort, Bürgermeister Beck zitierte jedoch dessen Anliegen: „Man stolpert nicht physisch, man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen.“ Wer nun also von der Westfalenstraße kommend, am Spielplatz vorbei, den Hefelmann-Park entlangspaziert, der wird die drei frisch in Schnellzement eingesetzten Steine passieren.

Die kleine Familie Oss mit dem noch so jungen Sohn Günter wurde dafür bewusst ausgewählt, sagt Stadtarchivar Axel Bayer. Auch die Anordnung der Steine ist nicht zufällig, erklärt Kulturbüro-Chefin Katrin Neuhaus: „Das Kind ist in der Mitte, zwischen den Eltern, wie beim Spazierengehen.“

Weitere Stolpersteinlegungen werden bereits durch den Arbeitskreis „Stolpersteine“ geplant. Die nächsten Steine werden an weitere Mitglieder der Familie Jacobs erinnern, verrät Neuhaus. Die Erinnerung sei wichtig, da sind sich alle einig, denn: „Zeitzeugen, die über diese Zeit berichten können, werden immer rarer, umso wichtiger sind solche Stolpersteine“, sagt Bürgermeister Beck. In Heiligenhaus haben damals 24 Juden gelebt, sie alle seien umgekommen, weiß Ortlinghaus. Doch es kehrt wieder neues jüdisches Leben in der Stadt ein, fügt Stadtarchivar Bayer an: „Es leben wieder sieben Menschen jüdischen Glaubens in Heiligenhaus." 

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