Ratingen Die Gerstenkörner sind jetzt reif für die Ernte

Ratingen · Im Kreis Mettmann wächst so einiges an Getreide. Zwei Ratinger Landwirte erklären, wie man die Getreidesorten unterscheiden kann.

 Jetzt wird aber gedroschen: Die Bauern Vater und Sohn Johannes Paas bei der Gerste-Ernte auf einem ihrer Felder in Homberg.

Jetzt wird aber gedroschen: Die Bauern Vater und Sohn Johannes Paas bei der Gerste-Ernte auf einem ihrer Felder in Homberg.

Foto: achim blazy

Wie ein Bier aussieht, wissen wir alle. Wie eine seiner wichtigsten Zutaten - die Gerste - vor dem Brauen ausschaut, ist nicht überall bekannt. Klar aber ist, dass es diesem Getreide derzeit an den Kragen geht; einige Gerstenfelder ringsum wurden schon gemäht, die anderen sind dann dran, wenn es trockener wird. "Wir mähen frühestens bei einer Restfeuchte von 15 Prozent", erklärt Johannes Paas jr., 33 Jahre alt, diplomierter Agrar-Ingenieur, Ortsvorsitzender des Bauernverbandes, stellvertretender Kreisvorsitzender und "nachwachsender" Chef auf Gut Lohof und Schimmershof in Ratingen.

 Gerste hat die längsten Borstenhaare, auch Grannen genannt.

Gerste hat die längsten Borstenhaare, auch Grannen genannt.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Für die Prüfung der Feuchte werden Ähren auf verschiedenen Stellen der Anbauflächen untersucht und dann erst kann entschieden werden, ob der Mähdrescher ausrückt. Im Kreis Mettmann wächst so einiges an Getreide - sind doch 12 500 Hektar als landwirtschaftliche Fläche im Kreis Mettmann ausgewiesen und kümmern sich 160 Betriebe um die Bewirtschaftung.

 Die Körner des Hafers wachsen an einer lockeren Rispe.

Die Körner des Hafers wachsen an einer lockeren Rispe.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Als "im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt" taten das Paas und sein Kooperationspartner Christian Benninghoven, stellvertretender Ratinger Ortsvorsitzender, mit einem gemeinsamen Traktor, der immerhin 300 Rösslein unter der Haube hat, vom Feinsten ausgestattet ist und mit 180 000 Euro Anschaffungskosten eher von mehreren Landwirten zu stemmen ist. Allein ein Satz Reifen kostet 15 000 Euro.

 Roggen hat mittellange Grannen, die gleich lang sind.

Roggen hat mittellange Grannen, die gleich lang sind.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Da muss schon manches Hälmchen nicht nur aus der Erde kommen, sondern auch richtigen Ertrag bringen. Und damit überhaupt was wächst, werden beim Säen 250 Körner auf einen Quadratmeter Feld ausgebracht, was 2,5 Millionen Körner pro Hektar bedeutet. Die meisten Gerstenkörner kommen im Vorjahr als Wintergerste in die Erde - im Kreis Mettmann auf einer Fläche von rund 1400 Hektar. Zum Vergleich: Ein Hektar ist so groß wie knapp anderthalb Fußballfelder.

 Weizen ist das Getreide, das nahezu keine Grannen hat.

Weizen ist das Getreide, das nahezu keine Grannen hat.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Die Wintergerste hat, weil sie in die kältere Jahreszeit hinein gerät, erst mal einen Wachstumsstau, legt bei den ersten warmen Strahlen aber dann los. Sie wird jetzt geerntet. Im Frühjahr gesäte, so genannte Sommergerste, wächst auf 101 Hektar im Kreis, Hafer auf 413 Hektar und des Deutschen Lieblingsgetreide, der Weizen, wogt demnächst auf rund 2700 Hektar im Kreis Mettmann.

Klopfte die Vor-Vor-Generation der heutigen Ratinger Bauern noch so gut zu behaltende Sprüche wie "Aus Gerste macht man Bier, aus Hafer wiederum Plätzchen und Pferdefutter, aus Roggen Schwarzbrot und aus Weizen Kuchen", so ist die Verwertung sicherlich viel breiter gestreut. Körner enden zum Beispiel als Mehl, Grieß, Schrot, Grütze, Graupen, Kleie, Flocken, Keime, Sprossen, Keimöl oder Getreidestärke in Topf und Schüssel, sie werden erst Malz und dann Bier und, im Hinblick auf viele Umdrehungen, zum Kornbrand und zur Whiskyherstellung verwandt.

Getreide stellt allerdings auch weltweit das wichtigste Futtermittel dar. Vor allem an Wiederkäuer wird es überwiegend als Ganzpflanzensilage verfüttert.

Meist aus Weizen wird Grieß gewonnen. Es ist erst einmal ein Begriff aus der Müllerei für Teilstückchen des Getreidekorns, die rundlich bis kantig und weiß bis gelblich-braun gefärbt sind. Grieß wird ähnlich hergestellt wie Mehl. Aus Weichweizengrieß, fein gemahlen, kann man für Babynahrung und Kinderbrei, Grießbrei, Desserts und Süßspeisen herstellen sowie Grießschmarrn oder Grießklößchen. Auch zum Kuchenbacken und für die Knödelherstellung verwendet man statt Mehl feinen Grieß. Hartweizengrieß wiederum wird aus speziellem Hartweizen für die Teigwarenproduktion, also für Nudeln, gemahlen. Er eignet sich aber auch für die Zubereitung von Grießsuppen, Grießnocken, Knödeln, Pudding und Schmarrn. Werden Hartweizenkörner nur grob geschnitten, so entsteht Grütze, die für die Herstellung von Bulgur verwendet wird.

Jeder Deutsche, also auch jeder Bewohner des Kreises Mettmann, nimmt im Jahr durchschnittlich 66, 4 Kilogramm Weizen zu sich - als Brötchen, Kuchen, Brot, und dazu auch noch fast neun Kilogramm Nahrungsmittel, die aus Roggen zubereitet sind. Das bedeutet, dass das Getreide ein zutiefst regional produziertes und vermarktetes Produkt ist.

Wenngleich aufs ganze Land gesehen die Ernteerträge im vergangenen Jahr wegen sehr unterschiedlicher Witterungsbedingungen uneinheitlich waren, so kann man in für den regionalen Bereich doch von einer nicht unerheblichen Ertragssteigerung sprechen. Die Bauernregel sagt für diesen Monat: "Im Juli will der Bauer lieber schwitzen als untätig hinterm Ofen sitzen." Und auch: "Was du an einem Tag versäumest im Juli, das schaffen im August zehn Tage nicht herbei". Die in Ratingen ansässigen Vater und Sohn Paas, beide Johannes mit Vornamen, sind drauf gerichtet. Auch, wenn das Schützenfest winkt und mancherlei politische Kränzchen. "Jetzt beginnen bald die 18 Tage, die - mit Unterbrechungen - jährlich für die Getreideernte angesetzt werden", wissen die beiden Landwirte.

(gaha)
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