Ratingen Der Pate gibt sich die Ehre

Düsseldorf · Konzertveranstalter-Legende Fritz Rau erzählt beim Voices-Festival aus dem Nähkästchen. Dazu gibt es – natürlich – Live-Musik, denn genau die hat der "alte Fritz" ja jahrzehntelang möglich gemacht.

Am Sonntag, 8. November, erhebt Fritz Rau seine (allerdings erzählende) Stimme ab 17 Uhr im Museum der Stadt, Peter-Brüning-Platz 1. Der Pate des deutschen Konzertmanagements hat sie nahezu alle gehabt – Stars und "Noch-Sternchen", die er aufgebaut hat. "50 Jahre Backstage – Erinnerungen eines Konzertmanagers" lautet der Titel seiner Memoiren, die er zusammen mit Live-Musik und Bildern präsentieren wird. RP-Mitarbeiter Bernd Schuknecht hat sich im Vorfeld mit Fritz Rau unterhalten.

Ohne die Spannung nehmen zu wollen, aber was erwartet das Publikum? Eine Lesung oder doch mehr eine Erzählstunde aus dem Veranstalter-Nähkästchen?

Rau Keinesfalls eine Lesung. Es gibt einen ausgearbeiteten Vortrag, dem ein Manuskript zugrunde liegt, zu dem aber auch Live-Musik gehört. Jürgen Schwab wird einige Songbeispiele auf der Gitarre vortragen. Außerdem gibt es eine Bilderschau, etwa mit charakteristischen Plakaten, die damals Günther Kieser entworfen hat.

Sind auch Fragen aus dem Publikum erlaubt?

Rau Natürlich, aber ja. Dann bekommt das Ganze etwas von einer Talkrunde.

Gab es in Ihrem Berufsleben ein Ideal, ein Berufsethos?

Rau "Das Beste für alle" – daran habe ich mich immer versucht zu halten. Im Nachkriegsdeutschland der Caprifischer war es nicht einfach, für Jazz mit Ella Fitzgerald oder Blues mit B.B. King ein Publikum zu finden. Man muss an Qualität glauben. So habe ich mir alle Künstler, beispielsweise Bruce Springsteen, in einem kleinen Club in Los Angeles angesehen, bevor ich sie nach Europa holte. Wenn man an Qualität glaubt und nicht zu ängstlich ist, dann schafft man es irgendwann doch.

Und haben Sie Ihre Ideale in dem Haifischbecken der internationalen Konkurrenz tatsächlich bis zum Schluss hochhalten können?

Rau Auf jeden Fall. Ich habe immer versucht – auch später bei den riesigen Stadion-Konzerten –, den Leuten etwas von der einzigartigen Live-Atmosphäre zu vermitteln, an die eben keine CD oder auch kein Film herankommt.

Gab es dennoch früher Phasen, in denen Sie einfach keine Lust mehr hatten und die Brocken hinschmeißen wollten?

Rau Sicher, und zwar fast jeden Tag. Ich war damals mit meinem Jurastudium fertig und junger Anwalt, als ich das Angebot von Horst Lippmann erhielt, bei ihm Partner zu werden. Häufig habe ich mir gedacht, was für ein Wahnsinn. Als Anwalt könntest du ein entspannteres Leben führen, was meine Familie sicherlich auch begrüßt hätte. Aber dann war da die Leidenschaft für die Musik und immer ein neues Projekt, das mich herausforderte

Man sagt, Sie hätten "alle gehabt", doch es gab sicherlich auch Ausnahmen?

Rau Ja klar. An Elvis Presley bin ich nie herangekommen. Über Jerry Weintraub hatte ich gute Kontakte zu Colonel Parker, dem Manager von Elvis, aber es kam nie zu ernsthaften Verhandlungen. Barbra Streisand wollte früher auch nicht. Sechs Millionen Gründe hielten sie damals ab, in Deutschland aufzutreten.

Was sagen Sie den Menschen, insbesondere den jungen, die sich beklagen, dass Konzerttickets heute viel zu teuer sind?

Rau Die Preise haben letztlich mit dem Kostenapparat zu tun. Aber es gibt mittlerweile so viele kleine Clubs, in denen erstklassige Musik für vergleichsweise wenig Geld geboten wird. Hier sollte man zunächst die Live-Atmosphäre, die dort viel unmittelbarer erlebbar ist, genießen und seinen Sinn für musikalische Qualität schulen.

Sind Sie heute eigentlich noch in Konzerthallen anzutreffen oder wollen Sie jetzt endlich einmal die Ruhe genießen?

Rau Ich habe vier Enkel, und da ich noch immer Freikarten erhalte, muss ich dann schon mal mit. Und man erlebt noch immer große Überraschungen. So hat mich bei Tokio Hotel, die ja immer als reine Teenieband abgetan wurden, die bemerkenswerte Professionalität erstaunt. Und die Black Eyed Peas, von denen ich bislang überhaupt noch nichts gehört hatte, waren einfach großartig.

(RP)
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