Angebot Der Markt ist das Herzstück der Altstadt

Hier trifft man sich, hier kauft man frische Waren ein. Die Geschichte rund um den Handel ist sehr interessant.

 Arbeiten eng zusammen: Marktmeister Jürgen Clasen (rechts), Händler Herbert Busch und Oliver Holzberg (Abteilungsleiter Wochenmarkt).

Arbeiten eng zusammen: Marktmeister Jürgen Clasen (rechts), Händler Herbert Busch und Oliver Holzberg (Abteilungsleiter Wochenmarkt).

Foto: Blazy, Achim (abz)

Der zentrale Ratinger Wochenmarkt ist seit jeher dort zu Hause, wo die Hausnummern in der ersten Reihe der Häuser im Kreis vergeben sind; die vom Markt abgehenden Straßen beginnen an ihren Einmündungen mit der Hausnummer 1. Es ist der Platz, wo Handel getrieben und Gerüchte ihren Beginn oder ihre Verbreitung erfahren, wo man Spaß beim Plaudern hat – während der Marktzeiten und auch später, wo das Winterbrauchtum zum Beispiel seine Möhnen jeck werden und das Sommerbrauchtum Paraden abnehmen lässt, wo man zweimal im Jahr vor lauter Trödelkram kein Pflaster sehen kann. Und wo zwischen dem jahreszeitlichen Geschehen immer genug Platz für weitere Veranstaltungen ist.

In Ratingen wird eigentlich immer irgendwas raumgreifend gefeiert. Und das war immer schon so: Neben dem Wochenmarkt fanden drei- oder viermal jährlich Jahrmärkte statt. Dann versammelten sich Seiltänzer, Musiker und Gaukler in der Stadt und sorgten für Spaß und Unterhaltung. Der letzte Jahrmarkt in Ratingen war am 15. Oktober 1888.

Der historische Stadtkern Ratingens hat auch heute noch die gleiche Ausdehnung und Straßenführung wie im Mittelalter, als er von Mauern und Türmen umzogen war. Am Marktplatz trafen und treffen noch heute die vier wichtigsten Straßen zusammen: Oberstraße, Bechemer Straße, Lintorfer Straße und Düsseldorfer Straße. Die zentrale Lage des Marktplatzes deutet darauf hin, dass in Ratingen schon früh, noch vor der Stadterhebung, Märkte abgehalten worden sein müssen. Wann die Stadt das Marktrecht erhielt, ist nicht bekannt, doch wird in einer Urkunde von 1371, mit der der Stadt Düsseldorf das Marktrecht verliehen wurde, Ratingens Recht als Vorbild genannt. Immerhin ist Ratingen auch schon länger Stadt als Düsseldorf.

Es ist kaum ein halbes Jahrhundert her, dass in der Innenstadt nahezu italienische Verhältnisse geherrscht haben: Der Marktplatz war zum Parken freigegeben (und zwar ohne aufgepinselte Markierungen), Autos rauschten die Oberstraße hinunter, und eine so genannte Stadtlinie quälte sich mit Bussen die Düsseldorfer Straße herauf – und das neben Fahrrädern, Pkw, Fußgängern, Kinderwagen und Fußgängern. Rollatoren gab es damals noch nicht.

Über die einwandfreie Beschaffenheit der angebotenen Waren wachten schon im Mittelalter strenge Gesetze. Finniges Fleisch (Fleisch mit Bandwürmern) oder nicht mehr einwandfreier Fisch durften nur noch auf dem „Faulmarkt“ an der Nordseite des Platzes feilgeboten werden. Der Marktmeister gab durch das Aufhängen der Marktfahne das Zeichen für die Eröffnung und überwachte die Waren und die Einhaltung des Marktfriedens.

Der Wochenmarkt fand schon vor Jahrhunderten auf dem Marktplatz, im Erdgeschoss des noch existenten Bürgerhauses sowie auf einem Teil der Oberstraße statt.

Auf dem Marktplatz selbst befanden sich die Stände mit Feld- und Gartenfrüchten, neben denen auch Gewerbetreibende ihre Waren anbieten konnten. In der offenen Markthalle des Bürgerhauses waren die Läden der Tuchhändler, Gewandschneider und zuweilen auch der Scherenschmiede untergebracht.

An der Oberstraße, bis etwa in Höhe des Seiteneingangs zur Kirche, standen die Fleischbänke, daneben hatten die Fischbänke ihren Platz; und zwar in unmittelbarer Nähe des schon 1362 erwähnten Marktbrunnens, aus dem die Behälter mit den lebenden Fischen versorgt wurden.

Dort, wo jetzt das Brunnenwasser unter Geranien sprudelt, hat es eigentlich fast immer einen Brunnen gegeben. Der aktuelle wurde 1976 installiert – nach gestalterischen Wünschen des damaligen Baudezernenten, der sich heftig an seine süddeutsche Heimat erinnerte, als er gestaltend tätig wurde.

Zunächst hatte es keine abschließende Löwenfigur gegeben (die entstand erst einmal aus Pappmaché unter fleißigen Händen spaßiger Brauchtümler). Später spendete das Bürgertum ausreichend Geld, und Hans Breker, der Bruder von Hitlers Lieblingskünstler Arno Breker, gestaltete den Löwen und die Medaillons der damals eingemeindeten Stadteile, die sich im unteren Teil des Brunnens befinden.

Auch beim zentralen Ratinger Wochenmarkt handelt es sich um einen so genannten „Grünen Markt“. Das heißt, es finden sich hier nur Waren und Produkte aus dem Lebensmittelbereich sowie Pflanzen und Blumen.

Das Angebot stammt zum größten Teil von Selbsterzeugern. Einheimische Gemüse, Obst und Pflanzen werden im Umland gezogen und auf dem örtlichen Wochenmarkt verkauft. Alle Marktbeschicker sind dauerhafte Händler und bieten ihre Waren zum Teil in der dritten Generation auf dem Ratinger Wochenmarkt an.

Eine Ausnahme bildet der Stand mit Kurzwaren auf der Sonderfläche an der Oberstraße, weil in dem Bereich das Ratinger Angebot äußerst schwach ist. Und gelegentlich gibt es auch einen Scherenschleifer.

Etwa 30 Händler gehören zum festen Kapital der „Beschicker“ denn die grüne Ausrichtung garantiert ein interessantes Flair, was weit und breit (bis Münster) ohnegleichen sucht. Das Ordnungsamt führt sogar eine Warteliste. Die „Gehwege“ auf dem Markt wurden inzwischen so erweitert, dass Kunden mit Hund, Enkelkind und Regenschirm auch im Gegenverkehr nicht scheitern. Falls es glatt ist, wird reichlich gestreut.

Das wiederum geschieht zum Nutzen der Kunden, aber zu Lasten der Linden am Marktrand: Da der Platz leicht abschüssig ist, fließt das Salzwasser bis in die Baumscheiben, die durch darauf abgestellte Marktstände ohnehin schon sehr verdichtet sind. Also muss immer mal wieder nachgepflanzt werden. Daran – wie auch am üppigen Blumenschmuck – wird gottlob nicht gespart.

 Der Markt ist immer dienstags, donnerstags und samstags.

Der Markt ist immer dienstags, donnerstags und samstags.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Wenn in absehbarer Zeit wieder Frühlingssonne die Szenerie bescheint, kann man mal sehen, was unter „fliegender Wechsel“ zu verstehen ist. Nicht sehr lange nach 14 Uhr stehen nämlich dort, wo vorher Kappes und feinster Schinken verkauft worden sind, Tische und Stühle fürs süße Nichtstun. Und alles kann man von zu Hause über die Webcam zumindest grob überwachen:  (www.stadt-ratingen.de/freizeit_kultur_sport_tourismus/schoenes_ratingen/webcam/webcam.php)

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