Ratingen Der Filmvorführer

Düsseldorf · Wim Holzhauer hat während des Zweiten Weltkriegs im „Capitol“-Kino an der Oberstraße Filme vorgeführt. Der Holländer war zwangsverpflichtet worden, weil die geprüften, deutschen Vorführer Kriegsdienst leisten mussten. Zwei Ratingerinnen, Christel Undorf und Klara Cloidt, erinnern sich.

Bepackt mit Fotos, Briefen und Zeitungsausschnitten sitzen Christel Undorf und Klara Cloidt im Café und erinnern sich an ein Ratingen der 40er und 50er Jahre. Anlass sind zwei Artikel der Rheinischen Post, die im Dezember und Januar erschienen sind: Der Betreiber des Ratinger Kinomuseums, Albert Köster, hatte Post vom Holländer Wim Holzhauer bekommen, der im Zweiten Weltkrieg als Filmvorführer im Ratinger „Capitol“ zwangsverpflichtet worden war.

Sein Sohn war zufälligerweise auf die Internetseite des Museums gestoßen und hatte seinen Vater darauf aufmerksam gemacht. Auf die Frage, ob sich denn auch andere noch an den Filmvorführer erinnerten, meldete sich Christel Undorf. 1936 hatte sie, damals noch als Christel Klasen, angefangen, im Feinkostgeschäft „Holland“ auf der Oberstraße 18 zu arbeiten – nicht weit entfernt vom „Capitol“ auf der Oberstraße 10. Eine ihrer Kolleginnen war, neben Klara Cloidt, Hedwid Treudt, die spätere Frau von Wim Holzhauer. „Christel Undorf ist wahrscheinlich die Einzige hier in Ratingen, die Holzhauer noch persönlich kennt“, vermutet Cloidt. „Die Holzhauers werden sich sicher freuen, von ihr zu hören.“

Wie es zu Holzhauers Zwangsverpflichtung kam, kann Museumsleiter Köster erklären: „Die Deutschen hatten alle zu kämpfen, deswegen gab es keine geprüften Filmvorführer mehr.“ Und nur die durften nach einer entsprechenden Prüfung bei der Feuerwehr Filme zeigen.

„Also musste er deutsche Vorführer ersetzen. Aber so schlecht ist es für ihn ja nicht gelaufen, schließlich hat er hier Freunde und seine Frau gefunden“, sagt Köster schmunzelnd. Nach dem Krieg wollte Holzhauer nach Holland zurück, doch die Amerikaner und später die Briten ließen ihn zuerst nicht – er sollte fürs Truppenkino sorgen. „Hin und wieder durften auch die Ratinger ins Kino, aber nur in Filme, die von den Besetzern frei gegeben worden waren“, erinnert sich Köster, dessen Eltern einen Weinhandel neben dem Feinkostgeschäft „Holland“ hatten. „Sonntags war Kino dann sogar kostenlos, es wurden so genannte ,Umerziehungsfilme’ gezeigt, die die Deutschen zu Demokraten erziehen sollten“, so Köster. Einer der Titel sei ihm bis heute im Gedächtnis geblieben: „Auf des Messers Schneide“.

Flüssigkeit zerstäubt

Und was haben junge Frauen nach dem Krieg im Kino gesehen? „Viel Auswahl gab es ja nicht“, sagen Undorf und Cloidt, „aber wenn wir ins Kino gegangen sind, dann waren das Heimatfilme und Schnulzen wie ,Grün ist die Heide’.“

„Das Kino war ein ganz niedriger Raum“, erinnern sich die beiden, „wegen der vielen Menschen wurde vor dem Film im Saal Flüssigkeit zerstäubt.“ Schwere Zeiten seien es damals gewesen, aber sie hätten auch Spaß gehabt. Beim Tanzen – oder halt ab und an auch im Kino.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort