Ratingen Demo: Eltern schicken Pesch weg

Ratingen · Plötzlich stand er da – inmitten von Familien mit kleinen Kindern. Man stelle sich vor: Da organisieren Eltern einen Protestmarsch, um Bürgermeister Klaus Konrad Pesch klar zu machen, dass es in Sachen Kita-Streik so nicht weitergehen kann.

 Bürgermeister Klaus Konrad Pesch hier noch im Gespräch mitten im Protestmarsch. Den musste er auf der Mülheimer Straße verlassen.

Bürgermeister Klaus Konrad Pesch hier noch im Gespräch mitten im Protestmarsch. Den musste er auf der Mülheimer Straße verlassen.

Foto: Blazy, Achim

Plötzlich stand er da — inmitten von Familien mit kleinen Kindern. Man stelle sich vor: Da organisieren Eltern einen Protestmarsch, um Bürgermeister Klaus Konrad Pesch klar zu machen, dass es in Sachen Kita-Streik so nicht weitergehen kann.

Vorwurf: Der Verwaltungschef habe die verdammte Pflicht, endlich einen Ausweg aus dem großen Kita-Chaos zu finden, also Einrichtungen wieder zu öffnen, damit die Kleinen in ihr gewohntes Betreuungsumfeld zurückkehren können. Und dann stand Klaus Konrad Pesch, in diesen Tagen die personifizierte Zielscheibe, plötzlich mitten unter den Eltern und zog vom Blauen See aus mit.

Mutig? Ein PR-Gag? Eine Bauchentscheidung seitens des Bürgermeisters? Dirk Warten, Organisator des Protestmarsches, zeigte sich wenig begeistert. "Herr Pesch hätte sich zumindest kurz ankündigen können", meinte der Breitscheider, der mit seiner kleinen Tochter Mira (4) an der Hand voran ging.

Warten war der Unmut deutlich anzumerken. Seine Position ist klar: Er hat einen Vertrag mit der Stadt, die sich aktuell nicht in der Lage sieht, das Töchterchen adäquat zu betreuen. Also handelte er: Kurzfristig kam die Kundgebung zustande, der Protestmarsch wurde bei der Kreispolizeibehörde angemeldet.

Kita-Streik: Unser Video vom Demonstrationszug Ratinger Eltern zum Marktplatz.

So zogen rund 80 große und kleine Menschen, ausgestattet mit Trillerpfeifen und Transparenten, über die Mülheimer Straße. Und dann stoppte plötzlich der Zug — und hielt für längere Zeit. Polizeichef Elmar Hörster näherte sich vom Straßenrand aus. Er wollte wissen, warum es denn nicht weitergehe. Antwort von der Spitze des Zuges: Man wolle den Bürgermeister nicht weiter dabei haben. Hörster sprach kurz mit Pesch, der sich dann sichtlich überrascht verabschiedete.

Der Verwaltungschef hat im Gespräch mit unserer Zeitung verraten, was er für den Beginn der kommenden Woche plant: Er will sechs Kitas öffnen und sich selbst für die Betreuung von Kindern zur Verfügung stellen. Mit dabei sind auch Martin Gentzsch, Frank Mendack und Rolf Steuwe, Mitglieder des Verwaltungsvorstandes, Brigitta Brakmann, Leiterin des Amtes für Personalwesen, Informationstechnologie und Organisation, und Jugendamts-Chefin Dagmar Niederlein. Jede dieser genannten Personen kümmert sich federführend um eine Kita. Pesch betonte, dass man versuchen werde, bei der Betreuung möglichst alle Stadtteile abzudecken und zusätzliches Personal, also Erzieher, für diese Aufgabe zu gewinnen. Ob dies funktionieren wird, war gestern noch unklar.

 Dirk Warten (vorn in gelber Weste) hatte den Protestmarsch durch Teile der Innenstadt organisiert.

Dirk Warten (vorn in gelber Weste) hatte den Protestmarsch durch Teile der Innenstadt organisiert.

Foto: Blazy, Achim

Warten kannte diese Pläne bereits. Er blieb skeptisch und wollte ein weiteres Gespräch mit dem Bürgermeister abwarten. Sein spontaner Kommentar dazu: "Es ist ein erster Schritt, aber nicht mehr." Pesch hatte die Entscheidung, am Protestmarsch der Eltern teilzunehmen, am Donnerstagabend getroffen — als feststand, dass die Gewerkschaften vorerst weiter streiken werden. Mit der Demo der Familien habe seine Entscheidung nichts zu tun, versicherte der Verwaltungschef, der selbst drei Kinder hat.

Nicht bei allen Passanten stieß der Protestmarsch auf Verständnis. Ein älterer Herr brüllte auf der Mülheimer Straße, dass man nicht einfach so den Verkehr blockieren könne, man solle doch gefälligst die Straße freimachen. Der Protestmarsch endete schließlich auf dem Marktplatz. Dort hatten sich bereits zahlreiche Mitglieder der Komba-Gewerkschaft versammelt. Sie verteilten schriftliche Informationen an die Eltern. Pesch wiederum betonte gestern nachmittag, dass er die Situation auf der Mülheimer Straße so nicht empfunden habe. Dass er nicht den gesamten Zug begleiten konnte, sei vorn vornherein klar gewesen. Und es habe nach der Kundgebung konstruktive Gespräche mit Elternvertretern gegeben. Am Samstag soll es weitere Detailbesprechungen geben.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort