Ratingen Debatte der Grünen: "Wir brauchen mehr Europa"

Ratingen · Wohin treibt Europa? Das war die Fragestellung, mit der sich mehr als 60 Bürger auf Einladung der Ratinger Grünen im Bürgerhaus auseinandersetzten. Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold und der Landtagsabgeordnete Stefan Engstfeld informierten über die gegenwärtige Situation und diskutierten rege mit den anwesenden Gästen.

"Europa funktioniert da, wo es bereits Regelungen gibt, sehr gut und weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit," so Giegold. Es gebe aber einen unbewältigten Regelungsbedarf in der Außenpolitik, in der Sicherung der Außengrenzen und in der Sozial- und der Steuerpolitik: "Kein Land Europas kann die Flüchtlingskrise alleine bewältigen. Wegen mangelnder Regeln wird das aber mit absehbaren drastischen Folgen für die Wirtschaft versucht. Grenzkontrollen halten Flüchtlinge nicht auf, behindern aber den freien Warenverkehr und führen schon jetzt zu Verlusten, weil eng getaktete Lieferketten zusammenbrechen. Um an den Ursachen der Völkerwanderung ansetzen zu können, müsste Europa mit seinen 500 Mio. Einwohnern außenpolitisch ein Gewicht darstellen. Stattdessen reisen 28 Außenminister durch die Welt, weshalb sich in Krisenregionen kaum jemand für die 28 unterschiedlichen Vorschläge zur Krisenbewältigung interessiert." Man orientiere sich stattdessen an Amerika und Russland. Ein Auseinanderbrechen Europas könne man sich abergar nicht leisten." Giegold weiter: "Die wirtschaftlichen Folgen wären derart ungeheuerlich, dass die Euroregion endgültig aus der Entwicklung der Weltgemeinschaft als unbedeutende Randerscheinung herauskatapultiert würde."

Eindringlich warnten Sven Giegold und Stefan Engstfeld vor dem noch in diesem Jahr anstehenden Handelsabkommens mit Kanada (CETA). Dieses Abkommen sei demnach genauso brisant wie TTIP, finde aber kaum Beachtung. Der Deutsche Richterbund und der Europäische Richterbund lehnten das Abkommen eindeutig ab und warnten vor dem Entstehen rechtsfreier Räume.

CETA sei das Trojanische Pferd der USA, hätten doch nahezu alle größeren amerikanischen Firmen Niederlassungen in Kanada und damit alle Rechtsmittel in der Hand, Zugang zu den Europäischen Märkten zu erzwingen bis hin zur Daseinsvorsorge in den Kommunen. Die beiden Grünen Abgeordneten blieben jedoch verhalten optimistisch: "Die Europäische Union hat schon viele Krisen hinter sich gebracht und ist aus allen gestärkt hervorgegangen. Der Handlungsdruck in Ausnahmesituationen hat bisher immer zur Überwindung selbst schwerwiegender Differenzen beigetragen," waren sich Giegold und Stefn Engstfeld einig.

Mareike Wingerath, Vorsitzende des Ortsverbands der Ratinger Grünen, meinte dann auch: "Wir brauchen in dieser Situation nicht weniger, sondern mehr Europa."

(RP)
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