Ratingen CO-Rohr: Kampf geht weiter

Ratingen · Seit Mittwoch liegen die Unterlagen zum Planänderungsverfahren für die CO-Pipeline aus. Betroffene und Initiativen kritisieren das bürgerunfreundliche Verfahren: Zu den zwölf Ordnern gibt es kein Inhaltsverzeichnis.

 Im Flur des Technischen Rathauses quälen sich Bürger durch zwölf Aktenordner der Planänderung für die CO-Pipeline.

Im Flur des Technischen Rathauses quälen sich Bürger durch zwölf Aktenordner der Planänderung für die CO-Pipeline.

Foto: Blazy, Achim

Sie wurde gestern Morgen von Mitarbeitern des Technischen Rathauses bereits mit Handschlag begrüßt: Margarete Bruckhaus hatte dort bereits vor Jahren viele Wochen zugebracht, um sich durch die Akten des Planfeststellungsverfahrens für die CO-Pipeline von Bayer zu wühlen. Sie sei direkt betroffen: Die Leitung führt unmittelbar an ihrem Grundstück am Autobahnkreuz Ost vorbei — der Schutzstreifen sogar übers Grundstück.

Sie werde wieder Einwände erheben, sagte sie. Einige Knackpunkte habe sie bereits herausgefunden. Es gehe in dem Verfahren vor allem darum, dass Bayer die Leitung anders verlegt habe, als es laut Vorgabe vorgesehen war. Im Klartext: Bayer habe sich nicht an die Vorgaben gehalten, nun soll mit dem erneuten Änderungsverfahren nachgebessert werden. Die Aufsicht habe versagt, der TÜV Hessen und die Behörden hätten das merken müssen. "Dieses Verfahren gibt es doch jetzt nur, weil ihnen das jemand nachgewiesen hat." Niemand wisse, was sonst verbuddelt wurde und nicht in Ordnung sei.

Vor allem die falschen Geo-Grid-Matten, die das Giftgasrohr vor Beschädigungen von oben schützen sollen und nur 60 Zentimeter anstatt wie vorgeschrieben 80 Zentimeter breit sind, haben zu dem Verfahren geführt. Die Matten sollten Baggerangriffen standhalten, täten es aber nicht, so Bruckhaus.

Dort, wo die Leitung um Kurven geführt wurde, sollten ursprünglich dicke "Werksrohre" verlegt werden: Also bei der Produktion vorgeformte Eckstücke, die anstelle von 5,6 Millimetern (Normalrohr) 7,1 Millimeter Stärke aufweisen. Stattdessen seien die Kurvenradien etwas erweitert und die Rohre vor Ort auf Spannung gekrümmt worden: Das führe auf der Innenseite zu Stauchungen, auf der Außenseite zu Dehnungen, so Bruckhaus. Im Klartext: Es könnte Bruchgefahr bestehen. Auch das sei erst später aufgefallen. Sie zeigte auf die Karte: Mehrere solcher teilweise 90-Grad-Kurven sind in unmittelbarer Nähe ihres Wohnhauses vergraben worden.

Bruckhaus kritisiert die Art und Weise, wie die Antragsunterlagen zur Planänderung der CO-Pipeline ausgelegt werden. Es gebe zu den zwölf Ordnern (etwa 2000 Seiten) kein Inhaltsverzeichnis, der Laie könne sich nicht zurechtfinden: "Eine bodenlose Unverschämtheit." Das diene nur dazu, die Betroffenheit der Bürger zu verschleiern. Das macht Sinn: Denn Einwendungen könnten nur Bürger erheben, die juristisch betroffen sind. Selbst das Auffinden von Karten, aus denen Immobilienbesitzer die genaue Lage entnehmen könnten, ließen sich nur schwer finden. Im Ordner 2/12 gibt es immerhin einen Übersichtsplan. Mitarbeiter der Stadt könnten nicht weiterhelfen: Es sind Unterlagen der Bezirksregierung.

Dieter Donner von der Initiative "Stopp CO-Pipeline" hält es für ausgeschlossen, dass jemand, der sich tief in die Materie eingearbeitet hat, sich in den Unterlagen zurechtfindet: "Das ist ziemlich hoffnungslos." Es sei eben das übliche Verfahren. Zum Thema Betroffenheit sagte er, dass man nicht nur vom Wohnort ausgehen müsse: Wichtig sei auch, wo beispielsweise Schulen und Kindergärten lägen. Und: "Wenn ich irgendwo spazieren gehe, wo in der Nähe die Pipeline liegt, bin ich ebenfalls betroffen." Donner will den Menschen Mut machen, ihre Einwände zu formulieren. KOMMENTAR

(RP/ac/ila)
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