Ratingen Bettel-Touristen in der Stadt

Ratingen · Besonders an Markttagen beziehen in der Innenstadt zahlreiche Bettler aus Rumänien Stellung: Es wird vermutet, dass hinter ihnen organisierte Banden stecken. Stadt und Polizei sind meist die Hände gebunden.

Am vergangenen Samstag war die Innenstadt mal wieder dicht belagert: An fast jeder Ecke hockte ein Bettler, mindestens sechs bis sieben haben Leser gezählt. Auffallend war, dass sie dem Aussehen nach alle aus Rumänien oder Bulgarien zu stammen scheinen. Der Verdacht, es handele sich um organisierte Bettelei, die in großem Stil betrieben wird, drängt sich auf: Auch Polizei und Ordnungsamt bestätigen das — doch sind ihnen meist die Hände gebunden.

Besonders an Markttagen sind Mitarbeiter des Ordnungsamtes unterwegs und kontrollieren. Doch viel mehr können sie meist nicht tun. "Es sind EU-Bürger", so Barbara Arndt, Chefin des Ordnungsamts.

Die rüden Methoden anderer Städte im Umgang mit dieser organisierten Bettelei, hält sie für "rechtlich sehr fragwürdig". Wie zu hören ist, wird beispielsweise in Düsseldorf hart durchgegriffen: Bei sogenannter aggressiver Bettelei, also wenn die auf arm getrimmten Personen sich in den Weg setzen, verkrüppelte Körperteile zur Schau stellen oder Passanten gar an der Kleidung zupfen und damit belästigen, gibt es Platzverweise.

Auch werden die Herrschaften in die Bahn gesetzt. Wer keinen festen Wohnsitz nachweisen kann, muss eine Sicherheitsleistung hinterlegen: meist kein Problem. Bei Durchsuchungen würden regelmäßig hohe Geldbeträge in Höhe von mehreren hundert Euro gefunden, heißt es. Die professionelle Wegelagerei scheint sich also zu lohnen. Zumindest für die Hintermänner.

Professioneller Fahrdienst

Elmar Hörster, Chef der Ratinger Wache, kennt das Problem. Die Leute kämen meist aus großen Städten im Ruhrgebiet, würden morgens nach Ratingen oder sonstwohin gebracht und abends wieder abgeholt. "Dahinter stecken große Organisationen", sagt Hörster. Die Hintermänner nähmen den "Bettlern" das Geld wieder ab. Es gebe auch Berichte, denen zufolge sie sogar zwischendurch abkassiert würden.

Auch Diebesgut sei dann schon mal dabei: Besonders in der Vorweihnachtszeit fielen diese Personengruppen auch durch Taschendiebstähle auf. Es gebe auch immer wieder Festnahmen. Doch die Täter könnten meist einen festen Wohnsitz nachweisen. Will heißen: Für Taschendiebstähle wandert niemand sofort in den Knast.

Eine neue Masche: Musikanten, die mit Verstärker spielen. Das ist eigentlich nach dem Landesimmissionschutzgesetz verboten. Wer mit Tieren bettelt, um Mitleid zu erregen, kann auch belangt werden: Doch das könnte auch Obdachlose treffen, die tatsächlich in Not sind und mit ihrem gesamten "Hausstand" auf der Straße sitzen.

Am Samstag wurden in der Ratinger City ein Musiker, ein Bettler mit Hund, drei Knieende sowie ein Bettler vor Rossmann beobachtet. Auch dem Ordnungsamt fallen diese Personen immer wieder auf. Am Samstag waren die Mitarbeiter unterwegs, berichteten Arndt und ihr Kollege Wolfgang Engelhard.

Arndt verweist auf die EU-Erweiterung: "Dadurch strömen diese Personen ungebremst ins Land." Früher habe man sie mit dem Ausländerrecht aus dem Verkehr ziehen können. Dieses Mittel versagt nun. Nur bei aggressiver Bettelei könne man einschreiten, Pappschilder nehme man den Leuten weg.

Musiker dürften eine halbe Stunde an einem Ort spielen, dann müssten sie mindestens 200 Meter weiterziehen. Verstärker sollten nicht sein. Hörster und Arndt sind sich einig: Die beste Möglichkeit, die Bettelei einzudämmen: "Nichts geben."

(RP)
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